Oberhausen. .
Die eine ist blond, die andere grün, und zusammen singen sie sich durch ihre Abenteuer: Das Musical “Wicked - die Hexen von Oz” feierte Premiere in Oberhausen. Fürs begeistertete Publikum gab’s eine üppige Show mit einigen Längen - Broadway am Rhein-Herne-Kanal.
Es ist die alte Geschichte: Das süße blonde Mädchen ist der Star in der Schule, das ohne schöne Kleider, so ganz anders als die anderen, ist der Freak. Blondie ist oberflächlich, die andere bockig, und trotzdem werden sie irgendwann beste Freundinnen. In diesem Fall geht’s nicht um einen Cheerleader und die Posaunistin aus dem Schulorchester, Glinda und Elphaba haben andere Fähigkeiten: Sie können zaubern. Noch nicht so richtig gut, deshalb üben sie ja fleißig, und so ist “Wicked - die Hexen von Oz” ein bisschen wie High School Musical in Grün. Montagabend hatte die Erfolgs-Show Premiere im Metronom Theater in Oberhausen. Nach Stuttgart ist es die zweite “Wicked”-Produktion, die Stage Entertainment in Deutschland auf die Bühne bringt.
Wer hinter Hutträger Udo Lindenberg saß, hat wohl nicht alles gesehen
Weltweit hätten das Musical seit der Uraufführung 2003 mehr als 21 Millionen Menschen gesehen, meldet das Unterhaltungsunternehmen, zur Premiere in Oberhausens neuer Mitte waren’s rund 1700. Obwohl einige vielleicht nicht alles gesehen haben, selbst wenn sie in der dritten Reihe saßen. Denn noch weiter vorne hatten die Stage Entertainer die Premierengäste Ralf Möller und Udo Lindenberg untergebracht, und wer einen Platz hinter dem Muskelberg oder dem Hutträger hatte, hatte eben auch ein bisschen Pech.
Ganz leicht zu verstehen ist die Handlung von “Wicked” sowieso nicht; Gregory Maguire hat den Roman als “Vorgeschichte” von L. Frank Baums “Der Zauberer von Oz” konzipiert, Stephen Schwartz hat Musik und Texte fürs Musical geschrieben. Es erklärt etwa, wie der Blechmann aus “Der Zauberer von Oz” sein Herz verliert, der Löwe seinen Mut los wird und wie die böse Hexe des Westens überhaupt zu einer bösen Hexe wird. Denn eigentlich ist Elphaba gar nicht so schlecht.
Aschenputtelartiger Außenseiter und faschistoide Figuren
Aber grün. Eine interessante Botschaft der Geschichte: Elphabas Mutter, verheiratet mit dem Gouverneur von Manschkinland, hat eine Affäre - und gebiert ein grünes Baby. Das Mädchen bleibt ein aschenputtelartiger Außenseiter, vom Vater nicht angenommen, verantwortlich für die umsorgte Schwester im Rollstuhl. Als die beiden ihre Studien in der Hexenakademie aufnehmen, lernt Elphaba Glinda kennen, und nach den üblichen anfänglichen Schwierigkeiten freunden sie sich an. Weil das aber als Handlung für ein ausgewachsenes Musical nicht reicht, tauchen Figuren mit faschistoiden Zügen auf, die ohne Grund sprechende Tiere verhaften, und später werden über Elphaba die schlimmsten Gerüchte verbreitet, nur weil sie nicht ist wie die anderen.
Genau. Alles ein bisschen viel für solche, die sich nicht auf die verworrene Zauberer-Handlung einlassen mögen. Wer damit kein Problem hat, kann in der üppigen Produktion schwelgen: den prächtigen, biedermeiernden Kostümen etwa, die in der Farbgebung immer hübsch der Stimmung angepasst sind - frisch, schrill, schräg oder bedrohlich. Der gigantisch dekorierten Guckkasten-Bühne, die mit fauchendem Drachen, schwingenden Affen und farbigem Licht eine wundersame Kulisse bildet. Und dem Ensemble, das das sich immer wieder duettierende Hexen-Paar stimmlich und tänzerisch unterstützt, so dass sogar mal Erinnerungen an “Fame” wach werden. Keine Frage, das ist wie Broadway am Rhein-Herne-Kanal.
Musicalfreunde bekommen was fürs Geld
Die Stars sind natürlich Glinda (Joana Fee Würz) und Elphaba: Als Willemijn Verkaik am Premierenabend die Bühne in Oberhausen betrat, begrüßten sie die “Wicked”-Fans mit einem Juchzen - die Niederländerin hat die Rolle schon in Stuttgart gesungen und offenbar viele Verehrer gewonnen. Und während Glinda der Rolle gemäß schon mal nervtötend blond klingt, hat Elphaba wirklich die schönsten Stücke zu singen. Nicht nur das. Die Liebe findet sie auch, und zwar, wie sich’s fürs Musical gehört, kniend in der von Nebelschwaden durchzogenen Dämmerung.
Es ist nicht alles zauberhaft, was in der Smaragdstadt glitzert: Hier wandert nicht Dorothy über den gelben Ziegelsteinweg, sondern auch schon mal die Gedanken - wenn die Geschichte sich zieht und den vielen Verwirrungen zu folgen ein bisschen zu anstrengend wird. Immerhin kommt die Show so auf haargenau zweieinhalb Stunden plus Pause, und Musicalfreunde bekommen was für ihr Geld - Tickets für die Show kosten zwischen 39 und 99 Euro. Die Premierengäste waren jedenfalls begeistert.