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Seit 45 Jahren ist die Geschichte ein Kinderbuch-Klassiker. Jetzt kommen Hanni und Nanni ins Kino. Wie die Zwillinge es schaffen, Generationen von Kindern zu begeistern.
Diese Zwillinge sind ein deutsches Literatur-Phänomen - und gewissermaßen unsterblich. Die Großmütter von heute sind mit Hanni und Nanni aufgewachsen, ihre Töchter lieben sie innig, und inzwischen schmökern bereits die Enkelinnen die Internats-Abenteuer. 14 Millionen Bände der Kult-Serie von Enid Blyton sind in Deutschland seit 1965 verkauft worden. Am 17. Juni kommen Hanni und Nanni erstmals ins Kino.
Hanna und Marianne Sullivan müssen ins Internat Lindenhof. Dort können sie sich anfangs überhaupt nicht einfügen, dann werden sie zu Musterschülerinnen. Damit sind die Stichworte für die Beliebtheit des Klassikers bereits genannt: Es geht um Zwillinge. Das ermöglicht lustige Verwechslungen und ist ohnehin von unschlagbarem literarischem Reiz, siehe „Das doppelte Lottchen“. Es geht um das Internatleben. Das bedeutet Abenteuer fernab der Eltern in einer Gemeinschaft von vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten, Mitternachtspartys, Streiche, nette, bizarre und böse Lehrerinnen.
Bei Hanni und Nanni kommt noch eine wichtige soziale Komponente hinzu. Praktisch in jedem Band gibt es ein Mädchen, das sich nicht integrieren kann. An diesen Beispielen werden ethische und moralische Spielregeln diskutiert. Hannis und Nannis Freundinnen sind unterschiedlich begabt, allerdings zeichnet sich jede durch etwas aus, das sie besonders gut kann. Die Botschaft, einmal fünf gerade sein zu lassen, Verantwortung zu übernehmen, nicht immer die erste Geige spielen zu wollen, ist zentral.
Die britische Schriftstellerin Enid Blyton (1897 - 1968) ist die Mutter vieler erfolgreicher Kinderbuch-Reihen. Die Abenteuer von Hanni und Nanni erschienen zwischen 1941 und 1945, also mitten im Zweiten Weltkrieg, auf den britischen Inseln.
Enid Blyton selbst schrieb nur sechs Bände um die Zwillinge. Seit 1965 hat der Franz-Schneider-Verlag aber mittlerweile 27 Folgen der Internats-Abenteuer veröffentlicht. Die Reihe wird von anderen Autoren fortgeschrieben. Allerdings nur in Deutschland, wo Hanni und Nanni stets viel populärer waren als in England.
Patricia und Isabel
Das Internet-Lexikon Wikipedia gibt an, dass die Bände 5 bis 10, 12, 14 - 19 und 22 von deutschen Autoren verfasst wurden. Pamela Cox ist die Autorin von Band 20 und 21. Die Schriftstellerin Brigitte Endres schreibt seit 2007 ab Band 23 die Serie weiter. Da Hanni und Nanni historisch gesehen längst das Abitur gemacht haben, sind die Geschichten nicht mehr in ein Schuljahr eingegliedert, sondern spielen in der Oberstufe, ohne dass ausdrücklich gesagt würde, in welcher Klasse.
Stört es die Leser, dass der Name Enid Blyton auf Büchern steht, die Texte aber nicht von ihr sind? Offensichtlich nicht, denn der Erfolg von Hanni und Nanni ist ungebrochen, die Kinoverfilmung kurbelt den Buchverkauf nur noch weiter an. Großmütter und Mütter erinnern sich nostalgisch an ihre eigene Jugend. Töcher und Enkelinnen apportieren die ausgelesenen Bände von Dachböden oder Regalen und verlangen nach immer mehr Stoff.
Viel schlichter
Auffällig ist bei den neuen Büchern, dass die Sprache sehr viel schlichter geworden ist. Kurze Sätze, kaum Dialoge: Werden die Bände im Akkord geschrieben? „Nein“, unterstreicht Elisabeth Voss, Sprecherin des Schneider-Verlages. Des Rätsels Lösung liegt in der veränderten Lesekompetenz.
„Die Reihe ist für Kinder ab 10 Jahren konzipiert. Man konnte früher Kindern in diesem Alter sprachlich komplexere Texte zutrauen. 10 Jahre ist heute ein Lesealter mit niedrigerer Lesekompetenz als früher. Deshalb ist die Sprache einfacher geworden. Diese Kriterien werden zusammen mit den Schulen ausgearbeitet“, erläutert Elisabeth Voss. Hanni und Nanni als Indiz für das Textverständnis von 10-Jährigen? Das Kinderbuch ist eben ein zuverlässiger Spiegel nicht nur gesellschaftlicher Verhältnisse.
Warum sind Hanni und Nanni in England zwar populär, aber nicht die Dauer-Bestseller wie bei uns? Vielleicht, weil die Mädchen im englischen Original Patricia und Isabel heißen. Kein Vergleich zu Hanni und Nanni.
Der erste Kinofilm um die Zwillinge ist mit Schauspielern wie Hannelore Elsner, Heino Ferch, Suzanne von Borsody, Anja Kling, Katharina Thalbach und Oliver Pocher hochkarätig besetzt. Wer jedoch die Originalhandlung mit den Originalfiguren erwartet, wird enttäuscht. Denn eine fiese Frau Mägerlein ist hinzuerfunden worden. Und Mamsell Fürchterlich ist nicht ganz die alte.