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Recht bringt Quote. Davon profitierten die Privatsender lange Zeit mit ihren nachgespielten Gerichtssendungen, die den Zuschauern jedoch eine verzerrte, überzogene Wiedergabe von Prozessen boten. Jetzt setzt RTL auf niveauvollere Rechtsberatung, mittwochs, 20.15 Uhr.

Der Abend beginnt mit der Sendung „Der Nachbarschaftsstreit“, bevor eine Stunde später das populärere „Einspruch! Die Show der Rechtsirrtümer“ Fragen beantwortet, die nur wenige Menschen stellen würden. Das ist alles aber juristisch zuverlässig. Gerade im Nachbarschaftsstreit präsentiert der Sender den neuen Markt der außergerichtlichen Mediation, ohne ihn zu nennen. Die Hauptrolle spielt der echte Rechtsanwalt und Mediator Franz Obst aus Koblenz, der in deutlicher Anlehnung an Schuldnerberater Peter Zwegat Konflikte löst, indem er mit verfeindeten Nachbarn Problemlösungen erarbeitet und ein glückliches Ende garantiert.

Es geht hoch her

Streitschlichter wird er genannt, und bei ihm geht es hoch her. Ärger um frei herumlaufende Pfauen hat er zu klären und dabei vor allem die Frauen der Nachbarn als Konfliktantreiberinnen im Blick. Schließlich weckt er bei beiden Parteien Verständnis für die Probleme der Anderen und führt sie zu einer schriftlich fixierten Problemlösung. Das ist nicht ganz die reine Lehre der von Gerichten und Rechtsanwälten praktizierten Mediation, aber das Konzept ist gleich: Schlichten statt Richten, hört auf mit dem teuren Prozessieren, sucht die außergerichtliche Verständigung!

Wie immer stellt sich bei diesen Formaten nur die Frage, warum es Menschen gibt, die ihren hoch emotionalen Streit öffentlich austragen? So ganz echt dürften diese Darsteller nicht sein, ist zu vermuten. Das Juristische tritt in den Hintergrund, es darf in Maßen gekeift, geweint werden.

Ganz anders zeigt sich „Einspruch! Die Show der Rechtsirrtümer“, der höchstens Etikettenschwindel vorzuwerfen ist. Um Rechtsirrtümer geht es gar nicht. Der Kölner Rechtsanwalt Ralf Höcker, der mit Büchern über Rechtsirrtümer Erfolge feierte, beantwortet lediglich Fragen der sich naiv gebenden Moderatorin Andrea Kiewel („ZDF-Fernsehgarten“). Wie viele Münzen muss ein Geschäftsmann annehmen? Bis zu 50. Darf sich ein Reisender im Großraumabteil der Deutschen Bahn komplett umziehen? Nein.

Okay, die Rechtsgebiete sind etwas abwegig und spielen im Alltag nur selten eine Rolle. Unterhaltsam werden sie dennoch für die Öffentlichkeit aufbereitet. Dafür sorgen Kiewel mit ihrer humorvollen TV-Präsenz und der launig antwortende Anwalt Höcker. Die Einschaltquoten der ersten Folgen, rund 13 Prozent, ge-ben den Formaten Recht. Se-riöser als die Gerichtssendungen, die mit dem Justiz-Alltag zum Schluss rein gar nichts mehr gemein hatten, sind sie allemal. Kein Einspruch, sondern für einen Privatsender bislang: recht ordentlich.