Essen. Bei manchen Autoren steigen nach der Auszeichnung mit dem Nobelpreis für Literatur die Auflagen, bei anderen die Anfragen - Herta Müllers Verlag C. Hanser hatte schon vorsorglich Druckerei-Kapazitäten reserviert
Wie sich der Nobelpreis auf die Verkaufszahlen eines Autors auswirkt, hängt von seinem Bekanntheitsgrad ab: Bei Günter Grass beispielsweise hat die Nobilitierung aus Stockholm keinen echten Verkaufsschub ausgelöst, „der Preis kam ja recht spät,” sagt Claudia Glenewinkel vom Steidl Verlag, „und Grass war ohnehin schon international erfolgreich, sogar in den USA, wo es deutsche Autoren besonders schwer haben.” Das einzige, was nach der Nobelpreisverleihung wirklich zugenommen habe, seien die Anfragen, Grass möge doch bitte zu diesem oder jenem Thema Stellung beziehen.
Bei anderen, unbekannteren Autoren kann der Preis hingegen eine beinahe raketengleiche Wirkung entfalten: Beim Südafrikaner J.M. Coetzee beispielsweise, dem Preisträger des Jahres 2003, wurde der Roman „Schande” über Nacht zum Bestseller, die gedruckte Auflage stieg auf das 20-Fache dessen, was vor der Preisverleihung gedruckt war. „Und oft”, hat Petra Baumann-Zink vom Frankfurter S.Fischer Verlag beobachtet, „fokussiert sich dieser Boom auf einen einzigen Titel.” Im Fall von Herta Müller wird der zu erwartende Verkaufserfolg für ihren neuen Roman „Atemschaukel” in der Tat ein Meisterwerk treffen. Müllers Verlag C.Hanser in München hatte übrigens schon im Vorfeld der Preis-Verkündung vorsorglich Nachauflage-Kapazitäten in den Druckereien reserviert und sich auch danach erkundigt, ob denn noch genug Papier vorrätig sei. Es könnte allerdings sein, dass man dort eher an den US-Amerikaner Philip Roth als Nobelpreis-Kandidaten gedacht hatte – dessen Werke erscheinen nämlich auch bei Hanser auf Deutsch.