Bedburg-Hau/Düsseldorf. Wo gehört Joseph Beuys' Kunst wirklich hin? Künstler beklagen die Zustände auf Schloss Moyland und die "beschämende Gleichgültigkeit" gegenüber dem Beuys-Werk. Auf Moyland wittert man "Stimmungsmache" und öffentliche Störfeuer. Das Land NRW steht hinter dem Haus.

Als eine Expertenrunde im Sommer 2008 darüber diskutierte, mit welchen kulturpolitischen Maßnahmen NRW international bekannter gemacht werden kann, da stand neben der Ernennung von Staatstheatern auch eine Umzugs-Frage im Raum. Ob der „vielleicht wichtigste Künstler aus NRW”, nämlich Joseph Beuys, nicht in die Landeshauptstadt gehöre – statt an den beschaulichen Niederrhein mit seinem Beuys-Zentrum im Schloss Moyland?

Sorge, um den Erhalt des Werkes

Beuys-Stationen

Kindheit in Kleve

Joseph Beuys (1921-1986) verbrachte seine Kindheit in Kleve. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann er sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf. Die erste Einzelausstellung widmeten ihm 1953 die Brüder Hans und Franz Joseph van der Grinten, deren Stiftung heute über einen großen Beuys-Bestand verfügt. Seit 1961 lebte und arbeitete er in Düsseldorf. Seine Professur verlor er 1973 nach einem Streit mit der Landesregierung.

Der erste, der die Überlegungen damals rigoros vom Tisch wischte, war Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Nun hat er wieder Experten-Post bekommen – von 72 Sammlern, Galeristen und Künstlern wie Georg Baselitz und Jeff Koons oder Fotografen wie Andreas Gursky und Thomas Ruff, die gewiss nicht alle den Weg nach Moyland fanden, sich aber trotzdem Sorgen machen um das Werk von Beuys. Ihrem Unmut haben sie nun in einer Petition Luft verschafft.

In dem öffentlichen Schreiben ist man in seinen Anschuldigungen nicht zimperlich. Von Provinzialismus ist die Rede und von „beschämender Gleichgültigkeit” gegenüber dem Beuys-Werk.

Initiator der Klageführer um Künstlerwitwe Eva Beuys ist Heiner Bastian, Berliner Groß-Kunsthändler und einstiger Privatsekretär von Joseph Beuys. Die Forderung: „Es muss einen neuen, würdigen Ort für die Werke von Joseph Beuys geben, der die Bedingungen für Restaurierung und konservatorische Betreuung erfüllt.”

Stimmungsmache und Störfeuer

Ein neuer Ort? In Moyland, wo man seit 1997 über den mit 1200 Werken größten Beuys-Bestand im Land verfügt, wittert man fremde Begehrlichkeiten, „Stimmungsmache” und öffentliche Störfeuer. Ausgerechnet zum Start der vor kurzem angetretenen Beuys-Expertin Bettina Paust, die als neue Direktorin der von internen Querelen zuletzt arg gebeutelten Stiftung Museum Schloss Moyland einen Neuanfang versprochen hat.

Dazu gehört auch die Abschaffung der umstrittenen „Moyländer Hängung” mit ihrer wandhohen Bilder-Schichtung. Durch diese „sintflutartige Präsentation” werde das Erbe des Künstlers beschädigt, klagen die Kritiker. Schlimmer noch: Durch die unausgesetzte Lichteinwirkung seit zwölf Jahren werde der Untergang der Werke in Kauf genommen.

„Auch uns sind konservatorische Standards nicht unbekannt”, hält Paust dagegen, die das Museum in den kommenden Monaten konzeptionell und architektonisch umkrempeln will. Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) kündigte auf Anfrage zwar an, einen externen Fachmann nach Moyland zu schicken, um den Zustand der Werke zu begutachten. Er hält die Vorwürfe von Bastian allerdings für „dramatisiert”.

Zustand der Werke soll begutachtet werden

In der Staatskanzlei betrachtet man die Attacke aus Berlin ohnehin mit Verwunderung; zumal zu einem Zeitpunkt, an dem die konkreten Vorwürfe schon längst ins Leere laufen. Dass hinter all dem „die alte Idee stehe, das Ganze nach Düsseldorf zu verlagern”, hält Grosse-Brockhoff nicht für ausgeschlossen. „Aber das kommt für uns nicht in Betracht.” Der Kulturstaatssekretär verweist auf gültige Verträge, die man nicht über den Haufen werfen werde. Zudem sei in den vergangenen Jahren „viel Geld” in das Museum mit dem Beuys-Archiv des Landes geflossen. Nun soll der Neuanfang gelingen.

Streit wird weiter andauern

Doch nicht nur Bettina Paust macht sich inzwischen Sorgen, dass das Beuys-Werk an sich über all die Querelen ins Hintertreffen geraten könnte. Immerhin konkurrieren im nächsten Jahr beide Standorte um die Fans des Filz-Künstlers. Die Düsseldorfer Kunstsammlung NRW klotzt im Rahmen der Quadriennale mit einer zwei Millionen Euro teuren Werkschau. Und auf Moyland hat Bettina Paust für 2010 gleich zwei Beuys-Projekte geplant, mit namhaften Beuys-Forschern.

Ob sich Beuys-Witwe Eva bis dahin noch mit dem Haus am Niederrhein anfreunden kann, bleibt fraglich. Zuletzt hatten immer öfter die Anwälte das Wort. Erst ging der Streit um eine vermeintlich „unprofessionelle Restaurierung” eines Beuys-Werks, dann waren es sieben auf Moyland ausgestellte Bilder des Fotografen Manfred Tischer von einer 1964 im ZDF ausgestrahlten Beuys-Performance. „Widerrechtlich”, wie die VG Bild-Kunst meinte. Die Bilder seien eine unzulässige Bearbeitung der Kunstaktion. Die erste Runde ging an Moyland. Doch die Hauptverhandlung wurde ans Landgericht verwiesen. Der Streit um Beuys wird so schnell nicht beendet sein.