Essen. Es klebt etwas am Kopf unseres Autors. Und bei seinen Kindern und seiner Frau so langsam auch. Über eine Familie mit schlechten Angewohnheiten.
„Warum hast du immer Kopfhörer auf?“, fragte mich neulich ein Mädchen. Ich erzählte ihr irgendetwas darüber, dass es mir so viel Spaß macht, Musik zu hören. Eine viel ehrlichere Antwort wäre allerdings gewesen, dass die Dinger mit meinem Kopf verwachsen sind.
Es gibt Angewohnheiten aus der Pubertät, die man schnell ablegt. Den Namen des Lieblingsmusikers auf alle Schuluntensilen zu schreiben, zum Beispiel. Bis heute bin ich allerdings darauf konditioniert, bei einem Schulglockenklang sofort die Stöpsel in die Ohren zu stecken. So war es früher, so ist es heute: Wenn ich eine Minute für mich selber habe, dann muss erst die Begleitmusik angeschaltet werden.
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Wobei ich mich mittlerweile diversifiziert habe. Es wird nicht nur in meine Ohren gesungen und gerappt, auch viel gelabert. „Die sechsstündige Podcast-Folge hast du gehört? Wann findest du denn dafür Zeit?“ Das ist noch so eine sonderbare Frage, die mir neulich gestellt wurde. Gartenarbeit, Wäsche falten, Badezimmer putzen. Das wäre doch furchtbar langweilig, wenn man dabei nur die eigenen Gedanken kreisen lassen würde.
Mein innerer Teenager wäre stolz auf mich
Mittlerweile bekommt auch meine Frau ihre Exemplare nicht mehr so leicht vom Kopf. Und auch bei meinen Kindern fängt es so langsam an zu kleben. Ich bin dem Ziel meiner Traumvorstellung einer Familie also ziemlich nahe: Bald leben wir hier alle mit unseren eigenen Kopfhörern aneinander vorbei und hören nur noch das, was wir wirklich hören wollen. Mein innerer Teenager, der selbst die Frühstückspause nutzte, um die selbstgebrannte CD mit den illegal heruntergeladenen MP3s im Diskman drehen zu lassen, wäre richtig stolz auf mich.
Ob wir da überhaupt noch miteinander reden bei uns in der Familie, fragen Sie? Ich habe zumindest mitbekommen, dass mein Sohn neulich mit einem Freund ein Hörbuch in der Schule aufgenommen hat. Ein Anlass, doch noch mal seine Stimme zu hören.
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit Anfang 20 Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.