Essen. Robben, Krabbeln, Trippelschritt: Die ersten Meilensteine kommen Stück für Stück. Aber so geht es nicht immer weiter, hat unser Autor beobachtet.
Erst robbt man, dann krabbelt man, dann ist es plötzlich ein Trippelschritt. Ein Prozess, das Ganze. So wird man geprägt als Eltern: Man denkt, es kommt alles schrittweise, jeden Tag ein kleines bisschen mehr. Das erste Wort, stehen, dann sogar laufen – die richtig großen ersten Meilensteine, sie gaukeln einem vor, dass es so weitergehen wird. Dass alles andere bei den Kindern genau so läuft, treppchenweise, immer ein kleines Stück voran.
Auf einmal ein Stück weit erwachsener
Aber wenn ich daran denke, wie ich damals selbst die Angst vor dem dunklen Keller verloren habe, wie mir die Vorstellung von dem Geist, der an mein Fenster klopft, nichts mehr ausgemacht hat, wie ich mich getraut habe, das erste Mal alleine in den Bus oder die Straßenbahn zu steigen, dann war das keine langsame Gewöhnung. Dann wurde auf einmal ein Schalter umgelegt. Dann war man von einem auf den anderen Tag ein Stück weit erwachsener.
Da viele in meinem Umfeld erst kürzlich Eltern geworden sind, wird in meinem Umfeld gerade wieder viel gerobbt, gekrabbelt, getrippelt. Ich muss es da irgendwie vergessen haben, dass die Entwicklungsschritte später mit dem Fingerschnipp kommen. Und war völlig überrascht, als mein Sohn jetzt auf einmal gar kein Problem mehr damit hatte, den wirklich ziemlich langen Weg von der Schule nach Hause komplett alleine zu meistern, als es ihm plötzlich vollkommen egal war, ob wir ihn nun morgens, mittags, abends oder gar nachts alleine zu Hause lassen mussten. Er war, mal eben so, ein kräftiges Stück gewachsen.
Wer einmal von der Frucht der Freiheit gekostet hat...
Was mein Sohn selbst dazu sagt? „Es fühlt sich frei an, faszinierend irgendwie.“ Wer einmal von der Frucht der Freiheit gekostet hat, will nichts anderes mehr essen: „Was man kann, das will man ja nicht mehr aufgeben.“
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Stimmt. Aber irgendwann wollen sie ja doch wieder auf den Arm. Auch wenn sie schon robben, krabbeln, tippeln, sogar ganz große Schritte alleine machen können.
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit Anfang 20 Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.