Essen. Der Sohn unseres Autors will später Chefkoch werden. Da ist dieser Deutschunterricht doch perfekt - in der Theorie jedenfalls.

Mein Sohn macht im Deutschunterricht Kartoffelsalat. Sonderbarer Satz, weiß ich. Aber Rezepte zu schreiben, das ist nun einmal das Thema der nächsten Deutsch-Arbeit. Da seine kreative Klassenlehrerin berühmt dafür ist, dem Vorwurf des mangelnden Praxisbezugs keinen Vorschub leisten zu wollen, mussten die Kinder einen Tag vor der besagten Arbeit selbst ran.

Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Kolumnist Gordon Wüllner-Adomako erzählt seit 2014 von seinem Leben als zweifacher Vater und Ehemann. 
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Kolumnist Gordon Wüllner-Adomako erzählt seit 2014 von seinem Leben als zweifacher Vater und Ehemann.  © Funke Grafik NRW | Catharina Maria Buchholz

Bedeutete: Sie mussten zwei mittelgroße, bereits gekochte Kartoffeln, ein Schneidebrett, Schälmesser und einen Behälter für eine Probierportion des fertigen Salats mit in die Schule nehmen. Und da ich natürlich mindestens ein Ding (in diesem Fall das Schälmesser) zu Hause vergessen hatte, es aber glücklicherweise noch schnell vor Arbeitsbeginn in der Klasse abliefern konnte, hatte ich die Gelegenheit kurz in die Klasse reinzulunzen. Wie sie da alle saßen, vor ihren Utensilien wie eine Großküchenmannschaft: Möge so ein Anblick auch künftig jeder Gedichtsanalyse vorgezogen werden!

Auch ein zukünftiger Chefkoch bleibt ein Kind

Da man als Journalist, vor allem als jemand, der seine Laufbahn mit Musikkritiken begann, üblicherweise äußerst kritisch ist, will ich hier ohne Welpenschutz urteilen. Der fertige Salat, den die Eltern zu Hause probieren durften: Er war simpel, aber solide – Mayonnaise, Salz, Pfeffer, Eierchen und Gurken. Kann man essen. Es fiel gar nicht auf, dass über 20 Kinder mit unterschiedlichen Schneidestilen Gürkchen und Kartoffeln reingeschnibbelt hatten. Und Pellenreste gab es auch nur ein paar. Trotzdem sollte mein Sohn das Rezept noch verfeinern, wenn er es später in seinem Sternerestaurant anbieten sollte. Denn dass er Koch werden will, sogar ein richtig berühmter, der sich vorher per naturwissenschaftlichem Studium Erkenntnisse für die Molekularküche aneignet, das betont mein Neunjähriger zu jeder Gelegenheit.

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Nur ist auch so ein Kind vor allem erst einmal ein Kind: „Das Thema ist richtig cool“, sagte mein Sohn, während wir sein Werk zum Abendbrot verspeisten, „aber auf die Klassenarbeit habe ich wirklich gaaaaar keinen Bock.“

Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit 21 Jahren Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.