Essen. Auftakt für eine müde „Lisa Frankenstein“, einen bizarren „Good Boy“ – und die Doku „And The King Said, What A Fantastic Machine“.
„Good Boy“
Nichts gegen Haustiere, aber der Mitbewohner, den der junge Millionär Christian auf seinem Landsitz hält, ist dann doch eine Nummer zu bizarr: ein Mann als Hund verkleidet, er bellt, schlabbert und hechelt, läuft auf allen vieren, frisst aus dem Napf, schläft auf dem Bettvorleger. Der netten Sigrid fallen fast die Augen aus dem Kopf. Es gibt eben Dates, die man so schnell nicht wieder vergisst. Und das gilt auch für den Psychothriller des jungen norwegischen Drehbuchautors und Regisseurs Viljar Bøe, der die brave blonde Studentin für 76 knackige Minuten auf einen ziemlich abgefahrenen Horrortrip schickt.
Dabei hätte alles so perfekt sein können: Als sie den gutaussehenden Christian (Gard Løkke) via Tinder kennenlernt, träumt sie nicht nur von einer neuen Liebe, sondern auch von einem Leben in Saus und Braus. Wenn da nur nicht dieser dumme Fetisch wäre. Sigrid (Katrine Lovise Øpstad Fredriksen) lässt sich trotzdem auf einen Wochenendtrip ein. Alles eine Sache der Toleranz. Und eigentlich ist das Hündchen namens Frank (Nicolai Narvesen Lied) ja ganz nett.
Insgesamt ein kleiner, fieser, ganz und gar ungewöhnlicher Low-Budget-Film nordisch-kühler Prägung, der mittels durchgestylter Bilder in aller Ruhe das Fürchten vor menschlichen Abgründen lehrt. Auch wenn das Ende etwas an Biss verliert. Man sollte sich das mit dem Online-Dating vielleicht noch einmal überlegen. (kui)
„Lisa Frankenstein“
Es ist nicht leicht, ein unbeliebter Teenager an einer High School zu sein. Lisa (Kathryn Newton) ist genau das. In der Schule möchte niemand mit ihr zu tun haben, mit dem sie gern zu tun hätte. Zuhause erwartet sie ihr schwacher Dad, der nach dem Tod von Lisa Mutter (sie fiel einem Gewaltverbrecher zum Opfer) eine Frau mit Sauberkeitsfimmel geheiratet hat, die Lisa nicht ausstehen kann. Was auf Gegenseitigkeit beruht. Nur Lisa Stiefschwester Taffy (Liza Soberano) erweist sich als loyale Freundin und Vertraute. Dann kommt das Geschöpf (Cole Sprouse) ins Spiel.
Nach einer Gewitternacht entsteigt der viktorianische Jüngling seinem Grab, zieht in Lisas Zimmer ein und erholt sich zusehends dank Müsli und Gemüse. Vereinzelte Bluttaten belasten Lisas Gewissen auf dem Weg zur selbstbewussten Gothic-Diva nicht.
Ein sehr gewollt origineller Ausritt auf dem Highway der popkulturellen Zitate und Verweise ist die aktuelle Arbeit der Autorin Diablo Cody, die 2008 gleich für ihr erstes Drehbuch („Juno“) den Oscar bekam, seither aber an den Erfolg nicht mehr anknüpfen konnte. Mit ihrer aktuellen Arbeit zieht sie alle Register, um Gothic-Grusel und Romantik, Teen-Angst und satirisch gemeinte Karikaturen aus der weißen amerikanischen Vorstadt mit heftigen MeToo-Spitzen gegen toxische Männlichkeit zu verquirlen und so das Wohlwollen der Großstadt-Hipster zu erkaufen.
Was der Film nicht hat, sind charismatische Darstellende und eine ordnende Regieleistung. Zelda Williams (Tochter von Robin Williams) zeigt in ihrem Kinodebüt zwar viel Faible für bunt-morbiden Klimbim a la Tim Burton, bleibt aber künstlerisch auf dem Level eines Kleinkindes, das zum ersten Mal in der Spielkiste wühlt. (ues)
„And the King Said, What a Fantastic Machine“
Bilder manipulieren unsere Weltsicht. Mangel an Perspektiven kann zu einer verzerrten Darstellung und Wahrnehmung der Welt führen. Dafür blickt dieser skandinavische Dokumentarfilm von Axel Danielson und Maximilien van Aertryck aufklärerisch warnend auf und hinter Kulissen von Foto, Film und sozialen Medien.
Ein Beispiel liefert das prämierte Bild eines toten Mädchens nach dem Erdbeben in Haiti 2010, ein anderes Foto zeigt das gleiche Mädchen, aber nun auch ein halbes Dutzend Fotografen, die aus nächster Nähe das Motiv ausschlachten.
Amüsant erhellend ist es im Gegenzug zu sehen, welche Illusionen bei einer ESC-Show verkauft werden. Immer geht es darum, spontane emotionale Reize mit möglichst niedriger Moralschwelle auszulösen. Jeder filmt, jeder lädt etwas hoch. Andere bezahlen dafür.
Damit bestätigt der Film den medienpädagogischen Verdacht eines unumkehrbaren Zivilisationsverfalls. Zugleich wird er Verdrängung und Verweigerung hervorrufen, weil er den schönen Schein entzaubert, der sich in unserem Alltag eingenistet hat. Aber das Anschauen lohnt unbedingt. (ues)