Hagen. Hörspielsprecher Oliver Rohrbeck bringt Folge 16 von „Die drei ???“ allein auf die Bühne. Wer die Rollen von Peter und Bob übernimmt.
Seit gut 40 Jahren ist Oliver Rohrbeck ein Detektiv – der erste Detektiv sogar. Fans dürften den Wink mit dem Zaunpfahl sofort verstanden haben. Oliver Rohrbeck ist Hörspiel- und Synchronsprecher. Seine Stimme leiht er unter anderen Schauspieler Ben Stiller und Superbösewicht Gru aus dem Animationsfilm „Ich – Einfach unverbesserlich“. Aber er spricht auch Justus Jonas, seines Zeichens erster Detektiv im Kult-Hörspiel „Die drei ???“. In Hagen bringt der 58-Jährige „Die drei ??? und der Zauberspiegel“ live auf die Bühne. Im Interview mit Kirsten Gnoth sprach Rohrbeck über Haare und Heldenrollen sowie hitzige Rufe im Fußballstadion von St. Pauli.
Hörspiele, Synchronsprecherrollen, Auftritte im Fernsehen und am Theater – Sie haben in jungen Jahren viel gemacht. Hatten Sie da überhaupt noch viel Zeit für eine Kindheit?
Oliver Rohrbeck: Ich habe nicht jeden Tag gearbeitet. Meistens waren es ein oder zwei Wochen am Stück. Ich wurde mit dem Taxi von der Schule abgeholt und ins Studio gefahren. In der Zeit konnte ich nachmittags nichts mit den anderen machen. Aber dann gab es auch die Zeit, in der ich länger nicht im Studio war. In der hatte ich irre viel Freizeit und war ganz viel mit Freunden unterwegs. Ich habe im Kinder- und Jugendalter nichts ausgelassen (lacht).
Wann war Ihnen klar, dass das der Job fürs Leben ist?
Das muss in der elften Klasse gewesen sein. Ich bin in die Oberstufe in Richtung Abitur gegangen, hatte dann aber irgendwie keine Lust mehr auf die Schule. Ich habe schließlich die Schule abgebrochen und bin auf eine private Schauspielschule gegangen – für die brauchte man kein Abitur. Und selbst da habe ich dann keinen Abschluss gemacht (lacht). Ich wurde vorher entdeckt, war am Theater und in einer Agentur, die mich vermittelt hat.
Sind sie glücklich, dass sie keine Prüfung an der Schauspielschule ablegen mussten?
Och, ich hätte das auch gemacht. Es ist nicht meine Art, sich zu drücken. Die Führerscheinprüfung habe ich ja schließlich auch gemacht.
Und direkt bestanden?
Ja, beim ersten Versuch und bevor ich 18 war. Ich bin mit dem Bus zur Führerscheinstelle gefahren, um ihn abzuholen. Zu Hause stand dann schon mein VW Käfer, den ich damals für 200 Mark gekauft habe.
Kommen wir nochmal zurück zu Ihrer Karriere. Sie haben sowohl vor als auch hinter der Kamera gestanden. Was gefällt Ihnen besser?
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Eindeutig die Welt der Stimme und des Gestaltens hinter der Kamera. Damals gab es nicht so viele schöne Filmrollen, wie es später für junge Menschen der Fall war. Außerdem hatte ich schon zu der Zeit spärliche Haare, sodass ich eher keine Heldenrollen bekommen habe (lacht).
Als Synchronsprecher war das anders?
Ich habe alle zwei Wochen neue Filme und verschiedene Hauptrollen gesprochen. Die großen amerikanischen Filme waren interessant und ich habe meine Wahl, lieber hinter der Kamera zu arbeiten, nicht bereut.
Können Sie sich noch an das erste Mal erinnern, als Sie in die Rolle von Justus Jonas geschlüpft sind?
Es war damals klar, dass ich Justus Jonas bin. Aber die anderen beiden, also Bob und Peter, waren vertauscht. Nach zwei Stunden haben wir gemerkt, dass es vorne und hinten nicht so funktioniert. Jens (Wawrczeck, Anm. d. Red.) und Andreas (Fröhlich, Anm. d. Red.) haben dann die Rollen getauscht. Am Anfang musste ich auch immer mal ein paar Zeilen von Andreas übernehmen, weil Frau Körting (Heikedine Körting, Hörspielproduzentin, Anm. d. Red.) fand, dass das eher Schwafler Justus sagen sollte (lacht). Aber nach den ersten paar Folgen waren wir eigentlich auch schon ein eingespieltes Team. Dass das Ganze über 40 Jahre andauern sollte, war uns damals allerdings nicht klar.
Wie viel Justus Jonas steckt nach dieser langen Zeit in Ihnen?
Ich glaube gar nicht so viel. Ich bin interessiert an meiner Umwelt und an Informationen. Aber ich bin hoffentlich privat kein Klugscheißer und Rechthaber (lacht). Wir sind schon sehr unterschiedlich, aber wir mögen uns – die lange Zeit hat uns zusammengeschweißt.
Wie schaffen Sie es, heute noch einen Jugendlichen zu sprechen?
So viel kann ich sagen, ich muss für keine meiner Rollen die Stimme verstellen. Und trotzdem klingt Justus Jonas anders als Ben Stiller oder Gru. Wenn ich in die Rolle von Justus schlüpfe, stelle ich mir einen 19-jährigen Kalifornier vor und dann ändert sich meine Stimme von allein.
Geben Sie als Sprecher besonders viel Acht auf ihre Stimme?
Ja, ich muss auf meine Stimme achten. Andererseits hatte ich auch zwei Fußball-Dauerkarten. Mittlerweile habe ich nur noch eine am Millerntor und da fliegen durchaus auch die typischen Fäkalworte auf den Platz zum Schiedsrichter (lacht). Aber ich habe auch eine Sprecherausbildung und weiß, was gut für die Stimme ist und was nicht. Also wenn ich „du Arschloch“ schreie, funktioniert das ganz gut (lacht). Nicht gut für die Stimme ist, wenn der Ball knapp über die Latte streicht und ich viel raunen muss.
Also kein Fußball vor Aufnahmen?
Fußball muss auf jeden Fall immer sein – stimmschonend allerdings.
Kommen wir vom FC St. Pauli nochmal zurück nach Kalifornien. „Die drei ???“ lösen jeden Fall. Wenn Sie selbst in die Rolle des Bösewichts schlüpfen könnten, wie würden Sie die Detektive austricksen?
Das ist eine gute Frage und eine sehr schwierige Frage. Da muss ich wirklich länger drüber nachdenken, weil ich die Perspektive noch nie eingenommen habe.
Oder ist es gar unmöglich, die „drei ???“ auszutricksen?
Ich würde sagen, dass das schon geht. Allerdings muss man sie dafür spalten. Wenn ein paar Augen fehlen, könnte es klappen. Zusammen sind sie einfach zu gut.
In Hagen führen Sie das Mitmach-Hörspiel „Die drei ??? und der Zauberspiegel“ auf. Dabei übernehmen Menschen aus dem Publikum Sprecherrollen. Wie klappt das?
Ich mache das schon seit über 15 Jahren und es war immer recht schwierig. Früher haben sich die Menschen direkt gemeldet, wollten unbedingt mitmachen, aber hatten dann nicht die schauspielerischen Möglichkeiten. Sie haben auch immer erst den Text auf der Bühne bekommen und das war schwierig. Während der Pandemie haben wir ein Online-Casting erarbeitet. Die Menschen können sich vorab mit einem 60-sekündigen Handyvideo bewerben. Pro Stadt bekommen wir rund 200 bis 300 Bewerbungen, ich schaue mir jede an und suche die Leute aus. Dann bekommen sie vorab den Text und können sich einarbeiten.
Wieso haben Sie den „Zauberspiegel“ ausgesucht?
In den alten Folgen sind kaum Frauenrollen dabei, das ist ein Problem. Beim Zauberspiegel ist es schon ein bisschen besser. Ich besetze aber auch gerne die Rolle des Peter mit Frauen, das klappt immer super. Ich möchte einfach eine höhere Frauenquote auf der Bühne haben.
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Ist das in den neuen Folgen besser?
Ein bisschen, aber es geht bestimmt noch mehr. Der Kosmos Verlag möchte immer ein bisschen auf der nostalgischen Schiene bleiben. Aber es wäre schön, wenn sich das noch mehr ändern würde.
Das Hörspiel feierte vor kurzem den 100. Geburtstag. Was macht für Sie den Reiz aus?
Wir machen einen Film, ohne Bild, nur mit Tonspur. Es ist ein unglaublicher Reiz, die Geschichte auszumalen und dafür haben wir jegliche künstlerische Freiheiten.
Die Infos und Preise
„Mitmachhörspiel: Die drei ??? und der Zauberspiegel“, 19.9., 20 Uhr, Stadthalle, Hagen. Tickets ca. 38 €. Das Online-Casting startet im Sommer 2024, mehr Infos hier.