Mülheim. Drei Heimspiele in der Stadthalle, alle (fast) ausverkauft. Wer reif für die Insel ist, kommt entspannt aus dem Konzert wieder heraus.
Selbst im Schlusspunktsetzen ist der Mann, von dem die Leute bei Google wissen wollen, welchen IQ er hat und wie viele Kinder, ziemlich begnadet: „Wer mir noch weiter zuhören will“, grinste Helge Schneider am Ende, „kann Weihnachten vergessen!“ Aber die Fans sind jetzt schon so Selige, dass der weltläufige Lokalmatador jetzt flugs von der Bühne darf, nach gerade mal anderthalb Zugaben. Umtost von Beifall, der schon gleich zum Auftakt etwas Donnerndes, Druckvolles hatte. Drei Heimspiele gibt Helge jetzt vor Weihnachten in der „schönsten Stadt im Umkreis von 500 Metern - für einen, der nicht sehr anspruchsvoll ist.“ Auch da lacht der Saal, der ausweislich der Nummernschilder draußen auf dem Parkplatz voller Einheimischer ist.
„(Der letzte) Torero“ heißt das Programm, mit dem er seit Februar schon durch die ganze Republik tourt, aber das ist ja genauso Blödsinn wie 99,73 Prozent dessen, was Doc Snyder so von sich gibt. An dieser Stelle zu erzählen, dass diese Pointen-Nudel eigentlich ein unfassbar versierter Ausnahme-Musiker ist, der zwischendurch Witzchen reißt, um seine wunderbar tiefenentspannte Musik in den Saal zu schmuggeln, hieße ja Eulen nach Mülheim zu tragen. Gerade erst hat ihm die Landesregierung dafür, für seine enorme Vielseitigkeit, den NRW-Kunstpreis verliehen.
Helge Schneider nach neun Minuten: „So, das war‘s dann auch für heute.“
Aber ganz im Ernst: Er ist eben auch ein wirklich großer Clown, der so ziemlich alle Facetten der Komik beherrscht: die Parodie (auf Schlafzimmer-Soul der 70er-Jahre in „LOTC - Love on the Couch“), den Slapstick (mit der Aufzug-Klavierbank), den puren Witz („So, das war‘s dann für heute“, sagt er nach neun Minuten, und die Leute halten für den Hauch einer Sekunde die Luft an, bevor sie losprusten), den Spott („Sind die Hörgeräte an?“), die Satire (mit den VHS-Kursen „Stricken ohne Nadeln“ und „Backen ohne Mehl“), den Kalauer („Das nächste Lied ist wieder mit Musik“).
Es gibt Schneider-Klassiker wie den „Telefonmann“, „Texas“ und, vor der Pause, eine irrwitzige Version vom „Katzeklo“ mit kunstvollen Sprüngen in der Platte. Es gibt aber auch viel Neues vom „Torero“-Album, „Horses“ etwa im gemächlich-schaukelnden Gaul-Schritt, zu dem der Musiker mit der Linken die Klavierbegleitung spielt und mit der Rechten die Melodie auf der Trompete. Der Mann ist nun mal ein altes Zirkuspferd mit zotteligen Haaren. Dass er musikalisch so beschlagen ist, erhöht seine Spielfreude sogar noch, genau wie bei den bei Routiniers an seiner Seite Sandro Gianpero (Gitarre), Reinhard Glöder (Kontrabass) und dem Drummer Willy Ketzer, der mit seinem Solo ein großartiges Schlagzeug-Gewitter hinlegte.
Helge Schneider, das völlig verrückte Huhn vom Ufer der Ruhr
Aber das Schönste: Helge-Schneider-Konzerte fühlen sich an wie Urlaub! Ein völlig entspannter Urlaub von der Welt da draußen, die noch viel verrückter ist als dieses völlig verrückte Huhn vom Ufer der Ruhr. Das macht die Welt so gefährlich – und Helge Schneider so liebenswert, dass man nicht anders kann als sich wohlzufühlen.
Für das Schneider-Gastspiel in der Mülheimer Stadthalle am 20. Dezember (20 Uhr) sind noch Restkarten zu haben; das am 21. Dezember ist bereits ausverkauft.
Weitere Tourneetermine von Helge Schneider in der Region im kommenden Jahr:
2. Februar Recklinghausen, Ruhrfestspielhaus
6. Februar Dortmund, Konzerthaus
16. März Bochum, Ruhrcongress
10./11. Mai Düsseldorf, Tonhalle
15. August Dinslaken, Burgtheater