Oberhausen. Schwer verdaulicher Imbiss in Oberhausen. „No shame in Hope - Eine Jogginghose ist ja kein Schicksal“ haut Nazis und Psychosen auf den Teller
Immerhin der Titel ist originell. „No Shame In Hope – Eine Jogginghose ist ja kein Schicksal“ nennt Svealena Kutschke ihre Endzeit-Farce, die Magdalena Schönfeld im Studio des Theaters Oberhausen zur Uraufführung gebracht hat. Zu hoffen ist keine Schande. „Wenn es hier geht, dann geht es überall“, erklingt es im Märchen-Erzählton.
Die trostlose Imbissbude an einer Bushaltestelle heißt „Happy End“, ist aber eher Endstation Sehnsucht. Die drei Damen (Maria Lehberg, Franziska Roth, Ronja Oppelt), die hier ihrer Vorliebe für Currywurst und fettige Pommes frönen, scheinen einer Disney-Verfilmung mit Cinderella & Co entsprungen. Die Frauen haben sie sich in einer psychiatrischen Klinik kennengelernt, dort mussten sie Jogginghosen tragen; nach der Entlassung warten sie auf den nächsten Lebensabschnitt, den Bus, der vermutlich nie kommt.
„No Shame In Hope“ - Eine Jogginghose ist ja kein Schicksal“ am Theater Oberhausen
In mäßig witzigen, im Publikum zu bemerkenswerten Heiterkeitsausbrüchen führenden Dialogen lassen sie sich über ihre seelischen und physischen Beschädigungen aus. Und während man müßig überlegt, ob hier vielleicht der große Psychoanalytiker und Sozialphilosoph Horst-Eberhard Richter mit seinen Theorien über die Gesellschaft als krankmachende Instanz Pate gestanden hat, schaltet sich die Kiosk-Betreiberin (Anna Polke) ein. Sie ist die alles vertiefende, vielleicht managende Chefideologin und steuert bedeutende Erkenntnisse bei wie „Das positive Potenzial liegt im Individuum“ oder „Liebe ist politischer Rückzug“.
Durch die Dame vom Grill kommt auch noch die deutsche NS-Vergangenheit ins Spiel. „Das ist ein Nazi“, konstatiert sie beim Anblick eines Bank-Hockers und Bier-Trinkers namens Reh (Jens Schnarre). Vom Text her ist das leider nicht gedeckt. Reh, der in Feinripp-Unterwäsche und mit Gehörn-Maske auf allen Vieren herumkrauchen muss, führt nur ein paar harmlose private Telefonate. Dass er sein Geld einst mit Küken-Schreddern verdient hat, macht ihn nicht automatisch zum Massenmörder.
Svealena Kutsches neues Stück ist eine Enttäuschung, Regie führt Magdalena Schönfeld
Dann überfluten, mit 80-, 90-jähriger Verspätung, auch noch Denunzianten-Briefe den Kiosk, die nie erfasst, in ihrer Breiten- und Langzeitwirkung nie analysiert worden sind. Und dann darf der Name Reh endlich für dümmliche Wortspiele herhalten. Der Neonazi von heute sieht sich als Reh-volutionär, als Reh-bell. Das Studio des Theaters soll Ort für Entdeckungen und Experimente sein. Und jedes Experiment birgt nun mal die Gefahr des Scheiterns. So auch hier. Karten: Tel. 0208-8578184