Essen. Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, gratuliert dem Klartext Verlag zum 40-Jährigen: „Für eine lebendige Demokratie!“
Das Bonmot, der Klartext Verlag habe das Ruhrgebiet als sozialen Raum eigentlich erst erfunden, mag ein wenig zugespitzt sein – aber im Hinblick auf die sozialgeschichtliche Erforschung der Region und ihr
vertieftes historisches Bewusstsein gilt das allemal. Aus dem vor 40 Jahren gegründeten Alternativprojekt sei längst der Ruhrgebietsverlag schlechthin geworden, zog der Historiker und Ruhrmuseums-Chef Prof. Heinrich Theodor Grütter bei der Feier zum „runden“ Bestehen des Verlags Bilanz.
Auch Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, unter deren Dach Klartext seit 2007 firmiert, betonte, wie sehr der Verlag zu einer Institution geworden sei, die entscheidend zur Selbstvergewisserung der Region beigetragen habe: „Wir sind stolz darauf, das Klartext zu Funke gehört“, sagte Becker. Wie den unabhängigen, seriösen Journalismus der Funke-Zeitungen sieht sie auch den Klartext Verlag in einer gesellschaftspolitischen Verantwortung: „Wir müssen uns mit ganzer Kraft für die Freiheit in unserer Gesellschaft einsetzen und Mut machen für gesellschaftliches Engagement und eine lebendige Demokratie!“
„Blabla-Wumms“ über Polit-Sprech, Hendrik-Wüst-Porträt und der Krieg in der Ukraine
So knüpfe Klartext durch seinen neuen Schwerpunkt im Herbstprogramm mit Sachbüchern zu gesellschaftlich relevanten Themen wieder bei seinen Anfängen an; erscheinen werden Titel wie „Generation Krise Hoffnung“ von Amelie Marie Weber, „Der Blabla-Wumms“ über Politiker-Sprech von Lars Haider und Jörg Quoos, ein Hendrik-Wüst-Porträt mit dem Untertitel „Der Machtwandler“ von Tobias Blasius und Moritz Küpper sowie „Leben in einem Albtraum“ über den Ukraine-Krieg von Jan Jessen und Reto Klar. Julia Becker: „Wir brauchen in der Gesellschaft Debatten, die in die Tiefe gehen! Wir brauchen mehr (selbst-)kritische Reflexion. Und wir brauchen auch: Mehr Ruhrgebiet!“ Funke werde deshalb „alles tun, um unseren Klartext Verlag in die Zukunft zu tragen.“
Heinrich Theodor Grütter ließ die Geschichte des Verlags seit seiner Gründung durch Ulrich Homann, Kristiane Kremmer und Monika Waasmann Revue passieren und hob dabei die zentrale Rolle des Ende Mai verstorbenen langjährigen Geschäftsführers Ludger Claßen hervor. Klartext sei auch entscheidend beteiligt gewesen an der Entstehung einer „Essener Schule“ in der universitären Sozialgeschichtsschreibung. Und: Entdeckt worden sei „das Ruhrgebiet als Forschungsgegenstand in dem Moment, als es begann, sich von Kohle und Stahl zu verabschieden.“
„Jungens, euch gehört der Himmel“, „Das Tal der Könige“ und Olaf Scholz
Neben dem ersten Buch des Verlags „Rote Fahnen im Vest“ von Hermann Bogdal nannte Grütter weitere Meilensteine: Das 1988 erschienene Fußball-Buch „Jungens, euch gehört der Himmel“ von Hans Dieter Baroth habe nicht nur ein neues Fußballbuch-Genre begründet, sondern den Verlag auch national bekannt gemacht. Ein Jahr später sei mit „Das Revier im Griff“ das erste Buch zum Revier-Tourismus erschienen, dem 2010 mit „Ruhr.Kompakt“ zum Kulturhauptstadtjahr ein echter Bestseller folgte. „Das Tal der Könige“
von Roland Günter und der Katalog zur Ausstellung „Feuer und Flamme“ legten 1994 das Fundament für Klartext als Verlag für Industriekultur (die gleichnamige Zeitschrift erscheint seit 1998 im Verlag; im vergangenen Jahr erschien die 100. Ausgabe) und Ausstellungskataloge. 2001 brachte Klartexte nicht nur das 1000. Buch heraus, sondern auch erstmals mehr als 100 Titel im Jahr. 2022 landete mit dem Olaf-Scholz-Porträt „Der Weg zur Macht“ von Lars Haider erstmals einer von insgesamt über 3500 Klartext-Bänden auf der Spiegel-Bestsellerliste.
Grütter wünschte sich eine Besinnung des Verlags auf die Geschichtskultur „nicht als Zurück zu alten Zeiten“, aber zur gesellschaftlichen Verantwortung des Verlags. Und bescheinigte der seit Beginn dieses Jahres amtierenden Doppelspitze aus Kathrin Butt und Achim Nöllenheidt: „Sie haben die DNA des Ruhrgebiets!“