Essen. Mit 83 Jahren starb die große Schauspielerin Margit Carstensen in Heide. Sie spielte grandios - und hunderte von Rollen, ob Bühne, Kino oder TV..
Margit Carstensen war die Frau der vielen Gesichter, die ihr allesamt überzeugend gelangen, oft mit einem „Schuss Hysterie“ oder hochgradiger Nervosität. Die souveräne Marlene Dietrich in der Film-Groteske „Marlene und Adolf“ nahm man der hoch aufgeschossenen, schlanken Frau ebenso ab wie die verzweifelte Modeschöpferin in der Titelrolle der „Bitteren Tränen der Petra von Kant“, Ibsens herrische „Hedda Gabler“ genauso wie die traumatisierte Rebecca in Harold Pinters „Asche zu Asche“, aus der sie selbst in einer belanglosen Inszenierung am Bochumer Schauspielhaus (wo sie von 1995 bis 2006 zum Ensemble gehörte) ein Prisma der Leidenschaften in jedem Sinn des Wortes machte.
Mit Hanna Schygulla, Irm Hermann und Eva Mattes im „Tatort“
Ihr Bühnen-Debüt hatte die in Kiel geborene Arzt-Tochter im niederrheinischen Kleve gegeben, doch dann machte sie rasch Karriere: ab 1965 vier Jahre am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bis nach Bremen ging und auf Rainer Werner Fassbinder stieß, für den sie auf der Bühne wie im Film eine der Elementar-Schauspielerinnen werden sollte. Mit Hanna Schygulla und Irm Hermann spielte Margit Carstensen ein mordswitziges Trio, Eva Mattes die Jüngste unter den Fassbinder-Stars, ermittelte als Kommissarin Blum. „Martha“ (1974) und „Chinesisches Roulette“ (1976) waren weitere legendäre Fassbinder-Filme, in denen sie brillierte.
Leander Haußmann und Christoph Schlingensief schätzten sie sehr
Auch Auch Christoph Schlingeneief schätzte Margit Carstensen überaus, sie spielte oft in seinen Produktionen, die nach intelligenten Mimen mit Witz und Können verlangten. An der Seite von Udo Kier als „Frau Goebbels“ etwa in „100 Jahre Adolf Hitler“ oder in der weiblichen Hauptrolle von „Terror 2000 – Intensivstation Deutschland“ Zuletzt in seinem Fluxus-Oratorium „Die Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ für die Ruhrtriennale in Duisburg. Leander Haußmann, der sie 1995 ans Bochumer Schauspielhaus geholt hatte, drehte mit ihr auch seinen Filmklassiker „Sonnenallee“.
Die langjährige Raucherin Margit Carstensen lebte schon lange zurückgezogen in einem kleinen Dorf bei Heide, wo sie mit einem Lungenemphysem kämpfte. Nun ist sie dort am Donnerstag im Alter von 83 Jahren gestorben. Sie hinterlässt ein staunenswert großes, immer wieder ansehenswertes Werk.