Essen. Auf Maximalrasanz getrimmt: Der Film „Spider-Man: A New Universe“ flutet die Kinoleinwand mit Bildlawinen. Und das ist ganz schön anstrengend.
Superhelden haben immer alle Hände voll zu tun. Das liegt daran, dass es immer neuen Nachschub an Bösewichtern gibt, denen es das Handwerk zu legen gilt. Und dann gibt es ja auch noch die eigene weltliche Privatexistenz, in der man Journalist ist oder Milliardär oder wie im Falle von Spider-Man – ein Schüler. Wenn man dann auch noch mit der Tatsache konfrontiert wird, dass es ganz viele andere Spider-Leute gibt, weil die Welt, in der man lebt, nur eine von vielen zeitlich und örtlich parallel existierenden Welten ist – dann kann man schon mal den Überblick verlieren.
Zur Erinnerung: „Spider-Man: A New Universe“ war 2018 Marvels erster Animationsfilm fürs Kino und so gut gemacht hat, dass er die Konkurrenz ausstach und den Oscar für den besten Animationsfilm bekam. Das Konzept mit einer duplizierten Hauptfigur sorgte ebenso für Schwung wie die Idee, jede Spider-Figur in dem Stil umzusetzen, der zum Zeitpunkt ihrer Erfindung vorherrschend war. Mal sah man grob gerasterten Zeitungsdruck, es gab Zeichentrick, vor allem aber Digitaltrickvarianz.
Der Fluch des zweiten Teils
Es war frisch, aufregend und es war leider der erste Teil einer Trilogie, weil man es in Hollywood mit weniger nicht mehr macht, denn mit mehr lässt sich eben auch mehr Geld umsetzen. Jetzt also kommt die Fortsetzung – und die krankt wie die allermeisten Mittelteile daran, dass die Exposition, um Figuren zu etablieren und die Geschichte in Gang zu bringen, ja schon im ersten Teil stattfand, während die Auflösung erst im dritten Teil kommt.
Man muss also sein Publikum irgendwie bei der Stange halten. Und das geht am besten, indem man ständig was los macht und immer darauf verweist, dass das ja noch längst nicht alles gewesen sein wird. Erst aber wird man 90 Minuten lang Zeuge, dass Teenager Stress mit ihren Eltern haben, wenn sie sich nicht gerade mit Schurken prügeln oder Katastrophen verhindern. Was mit flotten Sitcom-Sprüchen und lässiger Pose bestritten wird. Dann gibt es die Offenbarung, was uns allen blüht, falls jemand die Regeln im Spider-Verse (alles ist mit allem verbunden – Ommmm!) durcheinander bringt. Und da ist noch Spot, ein extrem origineller Bösewicht, der aus Löchern besteht, aber auch Löcher platzieren kann, wie es gerade passt. Spot will alles zerstören; ein blöder Plan, denn was macht er danach? In den ruhigen Szenen dieses immens hektischen Films (nervlich Vorbelastete sollten vorher eine Valium einwerfen oder noch besser, sie sollten solchen Filmen aus dem Weg gehen) gibt es einige schöne lyrische und romantische Momente.
Kaum Zeit zum Durchatmen
Im allgemeinen ästhetischen Chaos (die Zeichen- und Trickstile wechseln auch gern binnen einer Einstellung) gäbe es so viel zu schauen, wenn man bloß mal die Zeit dazu bekäme. So aber drängt sich der Eindruck auf, dass die Macher dieses auf Maximalrasanz getrimmten Spektakels vor allem ihre eigene technische Virtuosität und Cleverness beglückwünschen wollten. Auf die Dauer von 136 Minuten Spielzeit ist das ganz schön anstrengend.