Essen. „Guardians of the Galaxy 3“ schiebt James Gunn noch weiter in Richtung Kinder-Markt. Aber es gibt auch einen Kern von emotionaler Wucht.

Gemütlich treibt die Weltraumstadt Knowhere durchs All. Zu ihrer Bewohnerschaft zählt allerlei gesetzloses Gesindel, aber eben auch jene Leute, die als Wächter der Galaxie zu Ruhm und Ehre kamen. Dann bricht die Hölle los. Adam Warlock (Will Poulter), ein schlecht gelaunter Superjüngling von goldener Hautfarbe und zudem Sohn der Hohepriesterin Ayesha (Elizabeth Debicki), meint tatsächlich, mit den Guardians noch ein Hühnchen rupfen zu müssen.

Im Zuge der Auseinandersetzung wird der Waschbär Rocket schwer verwundet. Ihm droht der Tod, wenn nicht wichtige Medizin herbeigeschafft wird. Dafür aber müssen die Guardians ein paar hoch riskante Diebeszüge unternehmen. Der gefährlichste führt geradewegs zu High Evolutionary (Chukwudi Iwuji), einem Gen-Panscher, der es sich zum Ziel gesetzt hat, jegliche Bevölkerung im Weltall zu perfektionieren und dabei vor keiner Ruchlosigkeit zurückschreckt.

James Gunn plünderte bei dem Genforscher Dr. Moreau von H.G. Wells

Es stimmt schon, Inhaltsangaben zu Superheldencomics, vor allem zu jenen nach einer Vorlage aus dem Marvel-Verlag, haben eine Tendenz zum Rätselhaften und zu unfreiwilliger Komik; außerdem bedienen sie sich recht ungeniert bei dem großen Fundus phantastischer Literatur des 20. Jahrhunderts. Für den dritten Teil seiner im Gesamtwurf anarchisch unterhaltsamen Guardians-Trilogie fand Regisseur und Autor James Gunn im Genforscher Dr. Moreau von H.G. Wells eine dankbare literarische Quelle, aus der sich auch mit einem vergleichsweise vulgären Denkansatz trefflich schöpfen lässt.

Ansonsten gilt erst einmal dieses: Wer 2014 den ersten Guardians-Film sah und, wie bei den meisten der Fall, begeistert war, wer zudem auch beim zweiten Teil trotz Enttäuschung über Vergröberungseffekte seinen Spaß wilden Desperado-Treiben hatte – all diese Zuschauer werden im dritten Teil eine effektsichere Fortsetzung des bewährten Entertainmentkurses vorfinden. Was bedeutet, dass der unterschwellig hinterhältige Humor zwar immer noch da ist, dass sich aber doch das Gewicht noch weiter in Richtung Welt-Kindermarkt verschiebt. Es gibt also noch mehr Effektzauber (ein Gefecht mit über zwanzig Beteiligten vollzieht sich – gleichermaßen virtuos und angeberisch – in einer durchgehenden Einstellung) und es wird noch mehr (blutfrei, aber mit fiesen Soundeffekten) getötet.

Wie Rocket vom Waschbär-Welpen zum kaltschnäuzigen Desperado wird

Gewalt ist nun Fun, Ekel und Grusel aber auch, wenn High Evolutionary am Ende das künstliche Gesicht vom Kopf gezogen wird. James Gunn ist eben kein Mann für den feinen Pinselstrich, was auch für den Tränendruck gilt. Wie schon im zweiten Guardians-Film wird penetrant viel über Familie und Freundschaft philosophiert, hier in Nahtod-Flashbacks, in denen wir Rockets Werdung vom Waschbärwelpen zum kaltschnäuzigen Gesetzeslosen erleben. Diese Szenen sind von einer emotionalen Kraft, wie sie sonst nur in den „Toy Story“-Filmen von Pixar zu finden ist, und man kann nur ahnen, was für ein fabelhafter eigener Film hätte daraus werden können.

Der Film um dieses Juwel herum ist schiere Kinokirmes mit gewohnt schillernden Akteuren, wobei die drei Guardian-Frauen (Zoe Saldana, Karen Gillan, Pom Klementieff) den Männern (Chris Pratt, Dave Bautista, Sean Gunn) und Digi-Typen (Groot, Rocket) ohne Wenn und Aber die Show stehlen, weil sie die besseren Konflikte untereinander und mit sich selbst auszutragen haben und sich dabei herzerfrischend ankeifen.

Stadion- und Synthie-Rock der späten 80er- und frühen 90er-Jahre

Noch eine Anmerkung zur Musik: Der „Awesome Mix“ bewegt sich nach 70er-Jahre-Rock und Country-Pop nun im Bereich von Stadion- und Synthie-Rock der späten 80er- und frühen 90er-Jahre. Was sich in der Summe, wie der ganze Film auch, so undiszipliniert gestaltet wie es unterhaltsam ist. Auf die Guardians ist eben weiterhin Verlass.