Essen. Toll gespielt, mäßig gelungen: „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ ist die erste Verfilmung eines Buches des Bestseller-Autors.

Erinnerungen an eine Kindheit: Die Klinik auf dem Hesterberg ist die größte Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig-Holstein. Ihr Leiter ist Richard Meyerhoff (Devid Striesow mit bizarr toupierter Frisur), der hier mit seiner Frau Iris (die immer verlässliche Laura Tonke) und den drei Söhnen wohnt. Jüngster Spross ist der siebenjährige Joachim, den alle Josse nennen. Er ist ein aufgeweckter Knabe, dem die Streiche und Sprüche seiner beiden älteren Brüder bisweilen so auf die Nerven gehen, dass sich das in krassen Wutanfällen äußert.

In solchen Fällen setzen ihn die Eltern auf die Waschmaschine und schalten den Schleudergang ein, weil das die Nerven beruhigt. Josse verliebt sich in Marlene, eine junge Patientin seines Vaters. Der Ministerpräsident kommt zu Besuch. Man hofft, dass er Geld für den Bau eines Swimmingpools bewilligt.

Erinnerungen an eine Jugend

Erinnerungen an eine Jugend: Joachim ist jetzt 15, er tauscht den ersten Kuss mit Marlene. Vater Richard geht immer offensichtlicher fremd, Mutter Iris steuert auf einen Nervenzusammenbruch zu. Joachim darf ein Schüleraustauschjahr in Amerika bestreiten. Dort erreicht ihn eine tragische Nachricht.

„Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“: Arsseni Bultmann als Joachim und Pola Geiger als Marlene.
„Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“: Arsseni Bultmann als Joachim und Pola Geiger als Marlene. © dpa | Frédéric Batier

Erinnerungen ans Erwachsensein: Joachim kommt mit 25 zurück nach Hause. Die Ehe der Eltern ist geschieden. Die Patienten leben jetzt mit dem Direktor in dessen Villa. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Höchste Zeit also für die Frage: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?

Joachim Meyerhoff ist als Schriftsteller Kult. Seine Sprache wird als lebendig gefeiert, sein Humor als gleichermaßen subtil und einfallsreich. Dass sein literarisches Werk zuvorderst von seinem eigenen Lebensweg gespeist wird, wurde angesichts der einnehmenden Erzählform gern akzeptiert, in jüngeren Schriften hingegen als Hemmschuh gewertet.

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Elf Jahre seit seinem Durchbruch als Starautor der Spiegel-Bestsellerliste ist nun das erste seiner Bücher verfilmt worden. Schon der Titel lässt dabei auf eine feiner als herkömmlich gesponnene Figurenzeichnung hoffen. Und rein auf die Wiedergabe des Inhalts bezogen ist das auch zutreffend, wenn Skurriles und Alltägliches, Heiteres und Tragisches aufeinandertreffen.

Ein irrlichternder Problemfilm

In der filmischen Umsetzung allerdings bleibt es weitgehend bei der Illustration des Nächstliegenden im Gewande eines tragikomisch irrlichternden Problemfilms neudeutscher Prägung. Regie führte Sonja Heiss, die nach „Hotel Very Welcome“ (2007) und „Hedi Schneider steckt fest“ (2015) nun erstmals in einem großzügigeren Produktionsrahmen auftrumpfen kann.

Die erwachsenen Rollen sind gut gespielt, unter den Jugendlichen finden sich mit Arsseni Bultmann, Casper von Bülow und Pola Geiger durchaus interessante Talente. Wer das Buch las, wird angesichts der rollengerechten Besetzung schnell Tritt fassen und darf fortan durch ein Geschehen treiben, das er bereits kennt.

Kein durchgehender erzählerischer Bogen

Auf formaler Ebene grassiert dagegen eher Beliebigkeit. Das gilt für die Auswahl der Songs zur Untermalung und Kommentierung von Stimmungen ebenso wie für die Bildgebung, die zwar Cinemascope-Breitbild auffährt, alles relevante Geschehen aber stets in der Mitte platziert; ein typisches Stilmerkmal für deutsches Förderkino, an dem TV-Sender finanziell beteiligt sind.

Die Dramaturgie folgt keinem durchgehenden erzählerischen Bogen, stützt sich vielmehr auf die Abfolge von Familienepisoden, die ihrerseits geprägt sind von einem schwankenden Geschick für szenische Umsetzung und erkennbar ihr Vertrauen auf die Skurrilität des Schauplatzes setzen, um das Publikum zu unterhalten. Dieser Vorsatz ist legitim, führt aber nur selten zu den radikalen und subversiven Resultaten, die aufgrund der Vorlage auch hätten möglich sein dürfen.

>>> Zur Person: Joachim Meyerhoff <<<

Joachim Meyerhoff, 1967 in Homburg an der Saar geboren, ist als Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller erfolgreich. Set der Spielzeit 2019/2020 ist er Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne.

Als Autor schreibt er in einer mehrteiligen mehrfach ausgezeichneten Autobiografie über sein Leben. Der erste Teil „Alle Toten fliegen hoch – Amerika“ erschien 2011. Das Projekt führt er im Burgtheater Wien auf. Bisher erschienen fünf Bücher, zuletzt „Hamster im hinteren Stromgebiet“ (2020).