Dortmund. Im Dortmund Gewerbegebiet Phoenix West gibt es „Phoenix de Lumières“ zu sehen: digitale Wandteppiche mit Motiven von Klimt, Schiele & Co.

Wirtschaftlich, so will es die Stadt Dortmund gesehen wissen, ist das Gewerbegebiet Phoenix West ein Erfolg. Ein gewisser Teil davon ist noch Zukunftsmusik, den Rhythmus dafür gibt noch der Klang

 Phoenix des Lumieres in Dortmund liegt zwischen Romberg- und Westfalenpark. Hier werden Werke der Künstler Gustav Klimt und Friedensreich Hundertwasser in Collagen großflächig animiert und projiziert. 
Phoenix des Lumieres in Dortmund liegt zwischen Romberg- und Westfalenpark. Hier werden Werke der Künstler Gustav Klimt und Friedensreich Hundertwasser in Collagen großflächig animiert und projiziert.  © Culturespaces Gregor Winert | Culturespaces Gregor Winert

der Baustellen hier und dort vor. Die neusachlich nüchternen Zweckbauten, die bereits fertiggestellt sind, verbreiten fast durchweg die deutschlandweit übliche Gewerbegebiets-Unwirtlichkeit. Allenfalls ein ebenso rostcharmanter wie einsamer Hochofen samt Gasometer sorgt hier für die heute reviertypische Art von Gemütlichkeit.

Vielleicht auch ein Grund dafür, dass in der über 100 Jahre alten Gebläsehalle nebenan der Versuch scheiterte, ab 2017 eine Pop-Konzerthalle für mittelgroße Publikumsmengen zu etablieren — obwohl doch immerhin die Fantastischen Vier zur Eröffnung angetreten waren. Und obwohl der Berliner Techno-Guru Dimitri Hegemann dort im Keller eine Zweigstelle seines Berliner Kult-Tempels „Tresor“ einrichtete.

„Phoenix des Lumères“ schmückt 6500 Quadratmeter Projektionsfläche

Zuvor war hier ein Jahrzehnt lang der örtliche Medienkunstverein Hartware zu Hause, bis er der Mischmaschnutzung im U-Turm in der City einen digitalmodernen Anstrich geben musste. Und nun ist es,

Klimt-Motive im Phoenix des Lumieres.
Klimt-Motive im Phoenix des Lumieres. © Culturespaces Vicent Pinson

wie so oft im Ruhrgebiet, wieder eine Art von kultureller Nutzung, die den Horror der Leere über den 2200 Quadratmetern Alt-Industriehalle vertreiben soll: Die „immersive“ Light-Show „Phoenix des Lumères“ aus 100 Projektoren schmückt die Wände mit 6500 Quadratmetern Projektionsfläche, die schon so viel hochgezüchtete Industrieproduktion sah, mit digital collagierten Bildern und Ausschnitten von Kunst.

Nach einem funkensprühenden Stahlwerks-Auftakt beginnt die Reise zu Klimt und seinen Feuerwerken des Ornaments zunächst mit Zeichnungen an den Wänden, die sich unter Wagner-, Beethoven- und Gustav-Mahler-Klängen zu Bildern aus dem Kunsthistorischen Museum zu Wien auswachsen: Jener neoklassizistische Teppich, von dem aus die Künstler der 1897 gegründeten „Secession“ abheben werden, Opposition machen werden mit ihren weichen, runden, geschwungenen Linien ihres Jugendstils, der in Gustav Klimts goldglänzenden Bilder seinen ekstatischsten Ausdruck findet. Mit damals skandalträchtigen Provokationen und heutigen Ikonen wie dem „Kuss“ oder dem Porträt der Zuckerfabrikanten-Gattin Adele Bloch-Bauer, aus denen längst zwei Lieblingsmotive der Wien-Werbung und des Andenkenhandels in der Hauptstadt des Schmähs geworden sind.

Klimts Motive und die von Hundertwasser werden zu Schnipseln für Collagen

Die Bilder fließen ineinander, Klimts Motive sind zu Schnipseln geworden, in die sich auch einige Motive des Kollegen Egon Schiele mischen, Häuser vor allem in impressionistischer Manier, aber auch seine

Hundertwasser-Motive Im Phoenix des Lumieres.
Hundertwasser-Motive Im Phoenix des Lumieres. © FFs | Bernd Thissen

gelängten, verdrehten Körpersilhouetten. Die sinnstiftende Einheit der Werke ist aufgelöst zugunsten postmoderner Wandteppiche Und auch hier gilt wie so oft: Man sieht nur, was man weiß – oder zuvor den Info-Tafeln in einem abgeschirmten Raum entnommen hat.

Nach etwa einer halben Stunde schwenkt die Installation über zu Friedensreich Hundertwasser, der die Tradition des Abscheus gegen rechte Winkel und Lineallinien weiterführte, nicht nur auf der Leinwand, sondern auch in der Architektur. Die mitunter possierliche Farbigkeit, ja Kindlichkeit Hundertwassers wird in der Collage zum fröhlichen, gesundheitlich unbedenklichen Rausch. Am Ende reist man mit dem türkischen Produktionsstudio Nohalb mit Photonen durch sämtliche Schichten des Auges, von der Netzhaut und der Iris bis zu den Nervenzellen, wo sie als Signale im Gehirn Bilder erzeugen.

Digitale Lumières-Installationen des 1990 gegründeten Pariser Unternehmens Culturespaces („Kulturplätze“) gibt es an zwölf weiteren Standorten weltweit, etwa in New York, Seoul, Amsterdam, Dubai, in Paris und in der Provence. 2024 soll noch Hamburg dazukommen. Man rechnet mit sechs Millionen Besuchern weltweit.

„Klimt / Hundertwasser / Journey“. 27. Januar-31. Dezember 2023. Phoenix de Lumières, Phoenixplatz 4, Dortmund.

Geöffnet: So-Do 9-17 Uhr, Fr/Sa 9-21 Uhr. Ticket mit festgelegter Einlasszeit, online über www.phoenix-lumieres.com. Eintritt: Erwachsene 15 €, Senioren 14 €, ermäßigt 13 €. Für Kinder unter 5: Eintritt frei.