Essen/Wickede. Soeben hat Volker Kutscher den neunten Band der Gereon Rath-Reihe vorgestellt. Das müssen Sie über „Transatlantik“ wissen
Draußen geht es ins Sauerland, drinnen in der Halle nach Berlin und in die USA. Denn beim Krimi-Festival „Mord am Hellweg“ liest Volker Kutscher aus seinem neuen Buch „Transatlantik“ (Piper Verlag, 26 Euro)., dem neunten Band der millionenfach verkauften Gereon Rath-Reihe, auf der auch die Erfolgsserie „Babylon Berlin“ basiert.
„Es ist schön, wieder unterwegs „zu sein“, sagt Kutscher. Er liebt den Kontakt zu den Menschen, schätzt das Feedback seiner Leser. Das Schreiben selbst nämlich, sagt er, dieses Hineinfinden in die Geschichte, die man erzählen möchte, „ist ein einsamer Job“. Aber er hat ihn einmal mehr gewohnt gut erledigt. Und das auf 592 Seiten.
Charlotte Rath steht im Mittelpunkt des neuen Buches
Die Geschichte beginnt im März 1937. Die Familie Rath ist zerrissen. Gereon ist verschwunden und gilt als tot. Pflegesohn Fritz sitzt zu Unrecht in einer Nervenheilanstalt und Charlotte „Charly“ Rath, geborene Ritter, muss sich nicht nur alleine durchs Leben schlagen, sondern sich auch um ihre beste Freundin Greta sorgen, die in einen Mordfall an einem SS-Mann verwickelt zu sein scheint. „Letztendlich“, sagt Kutscher, „ist das ja immer noch ein Krimi.“
Vor allem aber ist es ein Charlotte Rath-Buch. Sie ist es, die die Geschichte dieses Mal trägt. Sie sucht, sie kämpft, sie ermittelt. Und oft macht sie das so, wie sie es bei ihrem Ehemann stets gehasst hat. Am Rande der Legalität und darüber hinaus. Immerhin: Gereon lebt. Das darf man schreiben, denn das wird auch im Buch schnell klar. Mit der Hindenburg ist er über den Atlantik geflogen, hat den Absturz des Zeppelins überlebt und ist als Postbote in New York untergetaucht. Ausgerechnet dort, wo sich sein alter Widersacher, der Verbrecherkönig Marlowe, ein neues Imperium aufbauen will.
„Man muss es seinen Figuren schwierig machen“
An Sorgen und Problemen mangelt es jedenfalls nicht, „Reizvoll“, findet Kutscher solche Konstellationen. „Man muss es seinen Figuren als Autor schwierig machen. Und sich dann überlegen, wie sie aus diesen Schwierigkeiten wieder herauskommen.“ Und ambivalent müssen sie für ihn sein. Nie einfach nur böse oder durchgehend gut. „Das wäre doch langweilig.“
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Das Ganoven Milieu New Yorks in den 1930ern war eine ganz neue Herausforderung für Kutscher, der für all seinen Bücher stets penibel recherchiert. Um ein Gefühl für das neue Leben von Gereon zu bekommen, hat er sowohl den Roman „Billy Bathgate“ als auch Charles Bukowskis „Post Office“ noch noch einmal auf Englisch gelesen. Und er hat alte Fotos von Brooklyn, von Manhattan, von Hoboken und dessen Postamt gesucht – und gefunden
Bücher und Serie gehen immer weiter auseinander
„Transatlantik“ ist spannend, hat überraschende Wendungen, aber auch so viele Bezüge zu den Vorgängern wie noch nie. Muss man die anderen acht Bände also kennen, um es zu verstehen? „Nein“, sagt Kutscher. Man habe das getestet im Verlag und das Manuskript Mitarbeitern zu lesen gegeben, die noch keinen anderen Rath-Roman kannten. „Aber natürlich ist der Lesegenuss größer, wenn man über die Figuren und ihre Erlebnisse schon ein bisschen mehr weiß.“
Während die Romane mittlerweile im Jahr 1937 angelangt sind, ist die TV-Serie Babylon Berlin erst bei Band drei und entfernt sich immer weiter von der literarischen Vorlage. Fast alle Figuren sind völlig Piperanders gezeichnet, manche kommen in der Büchern gar nicht vor,.
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„Das stört mich nicht“, sagt Kutscher. Er findet nicht alle Veränderungen gut, „aber im Großen und Ganzen machen die Verantwortlichen der Serie einen guten Job“. Beeinflusst haben die TV-Bilder seine Arbeit nie. „Als die erste Staffel lief, war die Welt der Romane in meinem Kopf schon zu gefestigt.“
Ein Band bleibt Kutscher nun noch, um Fäden zusammenzuführen, Schicksale aufzuklären, offene Fragen zu beantworten. „Ich hoffe, ich bleibe unter 1000 Seiten“ sorgt er sich „ Und dann sagt er: „Ich weiß noch nicht, wie genau alles endet. Ich weiß nur, dass nicht alle Figuren das Ende erleben werden.“
In zwei Jahren soll die Reihe abgeschlossen werden
In zwei Jahren soll der letzte Roman erscheinen. Geplant sind später außerdem noch eine weitere von Kat Menschik illustrierte Erzählung und wahrscheinlich auch die Veröffentlichung einer Kurzgeschichtensammlung aus dem Rath-Kosmos. „Dann ist Schluss.“ Endgültig. „Ein großes Projekt ist abgeschlossen und das fühlt sich gut an für mich.“
Schreiben aber will der 59-Jährige weiter. Seit Jahren sammelt Kutscher bereits Ideen für neue Bücher. Schon eine Tendenz erkennbar? Er schüttelt den Kopf. Zwei Genres allerdings glaubt er ausschließen zu können. „Ich werde“, ist Kutscher überzeugt, „weder einen Liebesroman noch einen Gedichtband schreiben.“