Essen. Denkwürdiger Abend in der Essener Philharmonie: Joshua Redman und Brad Mehldau überboten einander – und in Erinnerung bleibt Drummer Brian Blade.

Es waren zwei Königskinder, die konnten einander nicht finden, ihre Terminkalender waren zu voll. Doch nun haben Joshua Redman, längst Star-Saxophonist sondergleichen, und der nicht minder famose Pianist Brad Mehldau es endlich geschafft, ihre alte Band quasi aus Kindertagen – mit Christian McBride und Brian Blade – wieder zusammenzubringen. Die jetzt als „A Moodswing Reunion“ in der Essener Philharmonie erfreulich viele, nämlich gut 1000 Zuhörer heftigst begeisterte.

Klar, dass ihre Verzahnung von Flügel, Sax, Bass und Drums makellos schnurrte – schließlich haben alle in den letzten 30 Jahren regelmäßig miteinander gespielt. Nur halt nicht Quartett, wo nun galt: Gebläse geht über Tasten. Was Joshua Redman mit grandioser Technik, vor allem spektakulärer Zirkular-Atmung, auf seinem Tenorsaxophon geschmeidig zu immer neuen Höhenflügen führte. Vibrato-los und doch samtig, ohne Rückgriffe auf tiefere Lagen schnörkellos duftig, ohne jede Kantigkeit – pure Überwältigungsartistik.

Joshua Redman und Brad Mehldau, Christian McBride und Brian Blade

Auf die Brad Mehldau interessanterweise völlig verzichtete, der den Wohlklang meist mit sparsamen Akkorden beflügelte und selbst in seinen Soli diese nur dezent in diskret perlende Strukturen auflöste. Was seinen ganz eigenen Charme entfaltete und schöne Farben ins gelassen dahinfließende Spielgeschehen brachte. Imposant, wie Christian McBride mit sonorer, weit ausschwingender Tonalität am Bass für Orientierung sorgte. Während Brian Blade erneut bewies, warum er der bedeutendeste Drummer seiner Generation ist. Verfügt er doch über die ultrarare Gabe, fast unhörbar leise trommeln zu können, was seinem rhythmisch vetrackten Spiel eine ungeheure Dynamik ermöglicht, die sich an diesem Abend in explosionsartigen Akzentuierungen entlud.

Zu viert schufen sie Preziosen von überirdischer Schönheit, die einem jedoch bald fad werden konnte. Jeder Moment war magisch, verwehte jedoch rasch im Vergessen, überdeckt von der nächsten Großtat. Sehr seltsam, ja verstörend. Der tosende Jubel ihrer Zuhörer war gleichwohl berechtigt – es war ein tolles Konzert, auch wenn man sich ewig wohl nur an Brian Blade erinnern wird.