Essen. „Image Capital“: Das Museum Folkwang zeigt eine Ausstellung zur nützlichen Seite der Bildtechnik. Kuratiert von Armin Linke und Estelle Blaschke.

Dass es im Essener Folkwang Museum eine Sammlung von künstlerischer Fotografie gibt, die europaweit ihresgleichen sucht, lässt leicht vergessen, dass Fotografie auch eine reinweg nützliche Seite hat, bei der sie etwa als Wissens- und Archivierungsmedium eingesetzt wird. Wer heute klagt über die immer noch zunehmenden Bilderfluten, sollte bedenken, dass auch sie für die „Großen Fünf“ der Informationstechnologie (Apple, Amazon, Facebook, Google, Microsoft) ein Schatz sind, ein Rohstoff, aus dem sich ungeahnte Nutzungen generieren lassen.

Stationen in Bologna, im Centre Pompidou und in Frankfurt

Deshalb führt die neue, ganz andere Foto-Ausstellung über Informationstechnologie im Folkwang-Kabinett nun auch die Wörter „Bild“ und „Kapital“ im Titel. Der englischsprachig ausfällt, weil die Ausstellung weiterwandern wird nach Bologna, ans Centre Pompidou Paris und nach Frankfurt zur Foto-Stiftung der Deutschen Börse.

Am sinnfälligsten wird die zweckdienliche Rolle der Fotografie in der sehr menschenlosen Tomatenzucht: In niederländischen Gewächshäusern sind Roboter unterwegs, die Tomatenfrüchte an der Pflanze scannen und durch Vergleiche mit Fotos von kurz vor der Reife stehenden Tomaten herausfinden, welche Früchte sie nun mit einem Roboter-Arm pflücken sollen – und welche noch hängenbleiben. Ähnliche Projekte gibt es bei der Optimierung der Orchideenzucht.

Estelle Blaschke und Armin Linke haben die Ausstellung erarbeitet

Der Fotograf Armin Linke und die Foto-Historikerin Estelle Blaschke haben für diese Ausstellung zudem weit zurückgeblickt mit der Frage, wie die Nutzung der Fotografie zu gewerblichen, industriellen Zwecken begonnen hat. Eine der Antworten fanden sie um die Ecke, im Historischen Archiv Krupp: Die Kanonenschmiede mit dem firmeneigenen Schießplatz in Meppen hat auf Fotos nicht nur die Spuren ihrer Präzisionswaffen auf Zielscheiben dokumentiert, sondern auch die Herren Generäle, Admiräle oder Obersten aus Chile, China oder Ägypten, die zum Waffenkaufen nach Essen anreisten. So konnten sie beim nächsten Mal gleich mit Namen angesprochen und noch besser umgarnt werden.

Zu sehen sind in Essen auch Heliogravüre von Kartoffelpflanzen-Querschnitten von der Wurzel bis zur Blüte – schon 1889 wurde so am industriellen Anbau von Kartoffeln geforscht. Und in einem einstigen Champignonzucht-Stollen wurzelt der heutige Informationsmanagement-Riese „Iron Mountain“, den Armin Linke in Boyers/Pennsylvania eindrucksvoll abgelichtet hat. Hier begann man in in der Zeit des Kalten Krieges, aus Angst vor Atom-Angriffen Daten bombensicher auf Mikrofilmen einzulagern. Ein Mikrofiche-Lesegerät, das einst als technische Innovation zum massenhaften Speichern von Dokumenten und Fotografien galt, kann in der Ausstellung ausprobiert werden.

„Image Capital“, bis 11. Dezember. Museum Folkwang, Museumsplatz 1, 45128 Essen. Geöffnet: Di-So 10-18 Uhr, Do/Fr bis 20 Uhr. Eintritt frei.