Köln. Moderator Joko Winterscheidt verteidigt beim Deutschen Fernsehpreis seinen Titel. Die Öffentlich-Rechtlichen behaupten sich gegen Netflix und Co.
„Sommerlich elegant“ steht auf den Einladungen zum Deutschen Fernsehpreis. Wigald Boning nickt. Ja, hat er gelesen. Deshalb auch der Trainingsanzug, den er irgendwie aus den frühen 1980er gerettet hat. „Sommerlich“, sagt er. Dazu trägt er eine Krawatte. „Elegant“, ist klar. Es ist eines der ungewöhnlichsten Outfits auf dem Roten Teppich an diesem verregneten Mittwoch in den MMC-Studios in Köln.
Küsschen hier, Schulterklopfen dort und die ganz Vorsichtigen bleiben bei der Ghetto-Faust zur Begrüßung. Man hat sich lange nicht gesehen. „Corona halt.“ Umso größer ist die Freude. „Wie ein Klassentreffen“, sagen viele. Wobei es hier nicht nur Erinnerungen gibt, sondern auch kleine Monolithen aus Glas – den Deutschen Fernsehpreis.
„Die Wannseekonferenz“ wird Bester Fernsehfilm
Den ersten davon bekommt am Mittwochabend jemand, der als einer der letzten gekommen ist ins Kölner Coloneum. Zum zweiten Mal hintereinander wird Joko Winterscheidts Format „Wer stiehlt mir die Show?“ ausgezeichnet. „Ich hätte niemals gedacht, dass das wirklich realistisch möglich ist“, sagt der Doppelsieger, erkennt aber auch einen Fehler: „Wir haben zwei Jahre eine Show entwickelt, mit der man zwei Jahre in Folge gewinnt. Warum haben wir nicht fünf Jahre daran entwickelt?“
In der Kategorie „Bester Fernsehfilm“ holt sich das ZDF mit „Die Wannseekonferenz“ den Preis. Der Film entstand unter Regie von Matti Geschonneck anlässlich des 80. Jahrestags der historischen Wannseekonferenz, die von den Nationalsozialisten im Januar 1942 in einer Villa am Großen Wannsee in Berlin abgehalten wurde.
Öffentlich-Rechtliche können sich behaupten
Anders als bei den zu Wochenbeginn in den USA verliehenen Emmys haben Pay-TV und Streaming-Dienste in Deutschland noch nicht das Kommando übernommen. Aber sie kommen den etablierten TV-Sendern immer näher. So wird als beste Drama-Serie „Faking Hitler“ über die gefälschten Hitler-Tagebücher ausgezeichnet, die zuerst beim Streaming-Dienst RTL+ zu sehen war und ausgerechnet am Abend der Preisverleihung erstmals frei empfangbar in Deutschland zu sehen ist. Auch in der Kategorie „Bester Mehrteiler“ siegt ein Streaming Dienst. Netflix gewinnt mit „The Billion Dollar Code“. Und Amazon holt sich mit Last One Laughing (LOL) die Auszeichnung für die „Beste Comedy“.
Aber auch die Öffentlich-Rechtlichen können nach Meinung der Jury noch Unterhaltung. Erst siegt „Don’t Stop the Music“ (ZDF) mit Bülent Ceylan in der Abteilung „Bestes Factual Entertainment“, dann wird Giovanni Zarrella für die beste Einzelleistung als Unterhaltungsmoderator in der „Giovanni Zarella Show“ ausgezeichnet. Der findet das erst einmal „krass“, bevor er sich überschwänglich bei seiner Frau Jana Ina bedankt. „Du hast mich zu einem besseren Mann, zu einem besseren Menschen, zu einem besseren Vater gemacht. Ich liebe dich über alles.“ Frau Zarella antwortet mit einem Schwall aus Tränen der Rührung.
Frederike Becht und Moritz Bleibtreu als Beste Schauspieler geehrt
Beste Schauspielerin wird Friederike Becht für ihre Rolle in der ARD-Serie „Schneller als die Angst“, den Preis für den Besten Schauspieler bekommt Moritz Bleibtreu für seine Rolle als Konrad Kujau in „Faking Hitler“.
Information bleibt weiterhin eine Domäne von ARD und ZDF. Die NDR-Dokureihe „Kevin Kühnert und die SPD“ wird Sieger in der Kategorie „Beste Doku-Mehrteiler/Serie“, die ARD-Doku „Wie Gott uns schuf - Coming-out in der katholischen Kirche“ in der Kategorie „Beste Dokumentation/Reportage“. „Bestes Infotainment“ wird Markus Feldenkirchens „Konfrontation“ und das 3sat-Magazin „Kulturmagazin“ bekommt den Preis in der Sparte „Beste Information“. Ebenfalls ausgezeichnet wird ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf für ihre Ukraine-Berichterstattung.
Ehrenpreis geht an Iris Berben
Der Ehrenpreis der Stifter geht – wie vor einigen Tagen bereits bekannt gegeben –, in diesem Jahr an Iris Berben. Die 72-Jährige dankt bei der Entgegennahme nicht nur zahlreichen Weggefährten sondern auch den vielen Gewerken, die hinter den Kulissen erst dafür sorgen, dass ein Film gedreht werden kann. „Ich freue mich“, so Berben, „eine von euch zu sein.“