Essen. Lit.Ruhr 2022: Vom 19. bis zum 23. Oktober gibt es 60 Lesungen für Erwachsene und Kinder in vier Ruhrgebiets-Städten.

Ganz zu Beginn, also vor fünf Jahren, hat die von Köln aus organisierte Lit.Ruhr alles, was mit dem Revier zu tun hat, programmatisch noch mit spitzen Fingern angefasst – und vollzieht mit der nunmehr sechsten Ausgabe eine Kehrtwende: So viel Ruhr war noch nie bei der Lit.Ruhr 2022. Sie liest dem Revier vom 19. bis zum 23. Oktober die Leviten (in Essen, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum), der Kartenverkauf ist gerade angelaufen.

Matthias Brandt entführt das Publikum mit Klavierbegleitung in „Die Bergwerke zu Falun“ von E.T.A. Hoffmanns gleichnamiger Erzählung. Esther Schweins (aus Oberhausen) und Mark Waschke (aus Wattenscheid) outen sich unter dem Titel „Wir Bergmannskinder“. Gregor Sander liest aus seinem „Lenin auf Schalke“. Mit Raphaela Edelbauer, Per Leo und Ingo Schulze diskutieren gleich drei „Metropolenschreiber“ Ruhr, wie schwierig es ist, über die 53-Städte-Stadt zu schreiben.

Cornelia Funke und Mona Neubaur, Luisa Neubauer und Frank Goosen

Und: Cornelia Funke (aus Dorsten) feiert die Premiere ihres neuen Buchs mit ihrem Illustrator beim Live-Zeichnen auf Zollverein. Elke Heidenreich, die so ungern in Essen aufwuchs und doch als Metzgersgattin Else Stratmann Furore machte, liest zum Ausklang in der Essener Lichtburg aus ihrem neuen Reisegeschichten-Buch „Ihr glücklichen Augen“. Und es gibt ein „Nach der Kohle“-Podium über Energie, Klima und Versorgungssicherheit, da macht sich ein Hauptsponsor wie die RAG-Stiftung bemerkbar (neben der Mercator-Stiftung, Evonik und der Brost Stiftung). Es diskutiert Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) mit dem Chef des Wuppertaler Klima-Instituts Manfred Fischedick und dem inzwischen bildschirmbekannten Bochumer Energiewirtschaftsprofessor Andreas Löschel – selbstverständlich auf der Welterbe-Zeche Zollverein, die einmal mehr das Festival-Zentrum bildet.

Das wiederum ist der andere Trend der Lit.Ruhr in diesem Jahr: Die Literatur tritt etwas in den Hintergrund, zugunsten von Sach- und Themenabenden. Ja, es wird auch ein hochartifizielles Kunst-Textprojekt wie „Filamentous Magic Carpets“ unter der Regie von Enis Maci, Trägerin des Literaturpreises Ruhr, geben. Aber es geht eben auch um „Rassismuskritisch leben“ (mit Tupoka Ogette) im Theater Oberhausen, um „Glanz und Zumutungen des modernen Fußballs (mit Christoph Biermann und Frank Goosen), um die Autobiografie von Judith Holofernes („Die Träume anderer Leute“), um das neue Buch der Klima-Aktivistin Luisa Neubauer, um die „Wolfszeit“ nach dem Zweiten Weltkrieg (mit Vize-Regierungssprecherin Christiane Hofmann und Harald Jähner), um persönliche Schritte zur Weltverbesserung mit Neven Subotić, um Kulinarisches mit Doris Dörrie und Denis Scheck und um Schlaflosigkeit mit Anna Schudt und Devid Striesow.

Paul Maar, Roland Schimmelpfennig und Annette Frier bei der Lit.Ruhr für Kinder

Robert Menasse, so viel Literatur muss sein, stellt die Fortsetzung seines EU-Romans „Die Hauptstadt“ vor („Die Erweiterung“) und Dörte Hansen ihr neues Buch „Zur See“. Zur Eröffnung am 19. Oktober liest der wahrlich fesselnde Schauspielerautor Joachim Meyerhoff bislang unveröffentlichte Texte unter dem unverbindlich viel versprechenden Titel „Es geht weiter“.

30 Veranstaltungen für Erwachsene, 30 bei der Lit.Kid.Ruhr, inklusive des ebenso bewährten wie kostenlosen „Klasse-Buch-Programms“ für Schulklassen (Anmeldung ab sofort bis 16. September unter www.lit.ruhr/klassebuch) und der Schreibwerkstatt für junge Menschen ab 10 (Tel. 0201/183- 2569). Annette Frier wird die besten Texte daraus lesen – und Comic-Könner Ulf K. live dazu zeichnen. Ebenfalls zeichnen will Paul Maar, der im Dezember 85 Jahre alt wird und auf Zollverein sein neues Sams-Buch mit vielen Geschichten garniert. Und der Star-Dramatiker Roland Schimmelpfennig liest im Museum Folkwang „Die Biene im Kopf“ für 3. und 4. Klassen.