Essen. Es geht wieder los – und es ist Zeit für einen Blick in die Programmbücher der Bühnen der Region. Im Fokus sind dabei die Schauspielhäuser.

Bochum zeigt „Alkestis“ von Euripides, in Essen gibt es „Virtual Reality“-Brillen für die Zuschauer. Was das Publikum an Rhein und Ruhr sonst noch so alles erwartet, zeigt unser Überblick.

Von Epidauros nach Bochum

„Es gibt einen Intendanten im Ruhrgebiet, der ist kaum anwesend und interessiert sich gar nicht für sein Haus, bekommt aber ein Jahresgehalt von 350.000 Euro“, ätzte Claus Peymann unlängst in einem Interview zu seinem 85. Geburtstag. Nun, man sage über Johan Simons, was man will, aber rum kommt er in der Welt. Das führt dazu, dass der Niederländer zum Saisonauftakt Theater aus Epidauros nach Bochum exportieren kann. Von einer griechischen Theaterwiege sozusagen an ein (einstiges?) Kult-Schauspielhaus Deutschlands. Es ist „Alkestis“ von Euripides – selten genug zu sehen bei uns und umso mehr Interesse dürfte das Publikum der antiken Tragödie zollen. Auf dem Spielplan an der Königsallee steht es ab 10.9, tags zuvor hat in Bochum eine Uraufführung Premiere: „Dem Freund, der mir das Leben nicht gerettet hat“ nach Hervé Guibert.
Karten: 0234-3333 5555.

Essen durch die Brille bestaunt

Früh dran war Essens Schauspiel, das zum Ende dieser Spielzeit Abschied vom Erfolgs-Intendanten Christian Tombeil nimmt: Die eben gefeierte Premiere von „Das Fest“ haben wir an dieser Stelle schon am Montag gebührend gewürdigt. Nicht weniger spannend dürfte die nächste (einst durch Corona ins leben gerufene) 3D-Großtat des Hauses mit einer „Virtual Reality“-Brille für jeden Zuschauer geraten. Wer sie besitzt, werde in Thomas Krupas Inszenierung von „Die Wand“ (nach Marlen Haushofer) „mit Klima und Wetter, mit Erinnerungen und Ängsten“ der Protagonistin konfrontiert – so jedenfalls das Versprechen des Theaters. Achtung!: Das Stück kann man sehen, ohne ins Theater zu gehen! Die Brillen muss man vorher buchen, Lieferung und Abholung nur im Essener Stadtgebiet. Detail-Infos im Netz, wo sonst!?! Unter theater-essen.de und Karten unter 0201-8122200.

Othello und Ödipus am Rhein

Mit zwei richtig großen Brocken der dramatischen Literatur kommt Düsseldorfs Schauspielhaus zu Saisonbeginn heraus. Auf der Hauptbühne ist es Shakespeares „Othello“. Das Stück, das man ohne tagesaktuelle Reflexion über Vorurteile kaum spielen kann, wird am Rhein in einer Fassung von Lara Foot gezeigt, die Südafrikanerin führt auch Regie. Die Titelrolle spielt Bongile Mantsai – auch er stammt aus dem Land, in dem so lange Apartheid regierte. Premiere ist am 2. September, einen Tag später präsentiert als Autor und Regisseur Felix Krakau seine Fassung des „Ödipus“. Man darf gespannt sein, wie er die monströsen Charaktere der Antike in eine nicht weniger beklemmende Gegenwart überführt.
Karten: 0211-369911

Alles Wasser an der Ruhr

Mülheims Theater an der Ruhr hat heuer seine beliebten „Weißen Nächte“ (seit vielen Jahren umsonst und draußen) zum Premierenschauplatz gemacht. Letzte Woche strandete Ibsens „Frau vom Meer“ (szenisch durchaus effektvoll, aberwohl doch zu sehr umspült von einer Übermacht zeitgenössischer Texte) an der Seebühne im Raffelbergpark. Am morgigen Freitag inszeniert Simone Thoma ebenfalls wassermetaphorisch Handkes „Ritt über den Bodensee“, wie es heißt, als Begegnung mit den Mechanismen von Werbung und Marketing. Eine Kooperation mit der Folkwang-Hochschule. Karten für die ersten Inszenierung der beginnenden Spielzeit: 0208-5990188.

Dortmund, „nach“ Büchner und Euripides

Der Rüffel vom Kulturausschuss war deutlich: Julia Wissert, als junge Dortmunder Intendantin schon ziemlich angezählt, musste sich fragen lassen, ob es denn irgendwann auch mal wieder Richtung „klassisches Schauspiel“ gehe bei ihr. Das steht aus unserer Sicht nicht zu erwarten, doch hat Wissert ein paar bekanntere Stücktitel im Spielplan 22/23 untergebracht. Büchners „Woyzeck“ und Euripides „Bakchen“ (beides freilich mit einem „nach“ versehen, also den Text als Ausgangspunkt für Neues nehmend); „Was ihr wollt“ indes ist schon verschoben. Für ihre „Bakchen“ sucht Wissert die „Spuren der verlorenen Kinder an den Bahnhöfen, in den Clubs und Kinderzimmern“. Hoffen wir, dass sie sie findet. „Woyzeck“, 9.9., „Bakchen“, 17.9. Karten: 0231-5027222