Essen. Nicht totzukriegen dieser Rebus. Ian Rankin setzt seinen schottischen Ermittler wieder auf die Fährte – diesmal in der eigenen Familie.

Anders als sein Landsmann Sir Sean Connery hat Ian Rankin den Ritterschlag der Queen in diesem Frühjahr nicht im traditionellen Kilt empfangen. An seiner schottischen Seele ist dennoch nicht zu zweifeln – er ist ja kein Darsteller seiner selbst, sondern ein versierter, unermüdlicher und weltweit geschätzter Erzähler. Seine „Scottishness“ findet also ihren Ausdruck in den Geschichten: in zahllosen pfiffigen Storys, vor allem aber in den – inzwischen dreiundzwanzig (!) –Romanen mit dem „unkaputtbaren“ Detective Inspector Rebus aus Edinburgh.

Der hat uns ganz nebenbei auch eine Sozial- und Kriminalgeschichte der schottischen Hauptstadt wie auch der britischen Gesellschaft seit den Thatcher-Jahren nach 1970 erzählt. John Rebus ist viel eher ein Enkelsohn von Philip Marlowe als ein korrekter Beamter, und vor allem ein altgedienter Whisky-, Jazz- und Rock-Kenner: Er musste sich nach den Höhen und Tiefen vieler Dienstjahre mit seinem Alter abfinden und dem internationalen Club der Ruhestandsdetektive beitreten, die das Ermitteln nicht lassen können, oder nicht dürfen (weil die Autoren ja auch weiterschreiben wollen).

„Ein Versprechen aus dunkler Zeit“: Der berühmte Rebus wohnt nun altersgerecht

Während er noch grübelt, wie er die über Jahrzehnte gewachsene Plattensammlung in der neuen, altersgerecht kleinen Wohnung unterbringen kann, weckt ihn ein nächtlicher Verzweiflungsanruf von Tochter Samantha (früher die kleine „Sammie“), die mit Mann und Töchterlein am Rand des nordischen Meers, weit jenseits von Inverness, lebt. Nun wachsen Angst und Verzweiflung, nicht nur bei ihm, vor allem bei ihr, mit der er eine nicht ganz störungsfreie Beziehung führt: Warum und wohin ist ihr Ehemann spurlos verschwunden? Sodann: Wer hat ihn ermordet? Und schließlich: Warum kommt Samantha selbst in Verdacht?

Probleme genug für Rebus, der im alten Saab nach Norden klappert, der auch längst nicht mehr in Hochform ist, und mit dem jungen Kollegen dort erstmal nicht zurechtkommt. Wir haben beim Lesen eher das Problem, die zusätzlichen Handlungsstränge einzuordnen. Da gibt es die Öko-Kommune, wo der tote Keith aufgefunden wird, deren Grund aber auch begehrtes Spekulationsobjekt ist, wodurch Rebus‘ Dauerkontrahent Cafferty aus Edinburgh ins Spiel kommt.

Und überraschend die historische Perspektive: Während und nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich hier ein britisches Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene und verdächtige Exilanten. (Um es klar zu sagen: Camp 1033 gab es nicht, aber zahlreiche solcher Lager durchaus. Wir wollen sie aus Respekt nicht Konzentrationslager nennen, aber Erholungsheime waren es kaum.) Und dort findet sich dann auch die Lösung für die verschiedenen Rätsel, die allesamt in einem Verbrechen aus den dunklen Jahren wurzeln. Das lesen Sie aber am besten selbst …

In England gibt es Nummer 24: Ian Rankins Rebus bleibt dran

So viel vorerst zum „Rebus Nr. 23“. Aber keine Sorge: Nummer 24 ist in Großbritannien bereits erschienen. Unsere famose und vielbeschäftigte Krimi-Übersetzerin Conny Lösch ist sicher schon bei der Arbeit. Und die Nummer 25 strahlt am Firmament!

P.S. Der Titel und das Motto des Buchs verdanken sich dem guten alten Bertolt Brecht: „In den dunklen Zeiten,/ wird da auch gesungen werden/ Da wird auch gesungen werden/ Von den dunklen Zeiten.“

Ian Rankin: Ein Versprechen aus dunkler Zeit. Kriminalroman, Goldmann, 510 Seiten, 22 €