Wuppertal/Bochum. Alle fünf Klavierkonzerte an zwei Abenden mit Jan Lisiecki in Wuppertal und Bochum. Aber die wahre Liebe des Pianisten gilt – Frédéric Chopin.

Als Nachklang auf das ausgefallene Beethoven-Jahr konnten Jan Lisiecki und das Chamber Orchestra of Europe mit zweijähriger Verspätung endlich ihren Zyklus der fünf Klavierkonzerte Beethovens beim Klavier-Festival Ruhr nachholen. In der Historischen Stadthalle Wuppertal standen die ersten drei Konzerte auf Programm. Werke, mit denen der junge polnisch-kanadische Pianist wie auch das Orchester bestens vertraut ist, so dass man es wagen konnte, auf einen Dirigenten zu verzichten. Damit schließen sich zwar Konflikte zwischen Solist und Dirigent aus. Allerdings ließen sich, vor allem im schon recht symphonisch angelegten Dritten Konzert in c-Moll, manche melodische Linie noch ausdrucksvoller ausführen, die Transparenz des Klangbilds noch weiter verfeinern und Ungenauigkeiten im Zusammenspiel, vor allem im Schluss-Rondo, restlos ausschalten. Angesichts des exorbitant hohen Niveaus des Chamber Orchestras kann man mit derartigen Einwänden jedoch gut leben.

Wofür Jan Lisieckis Herz so warm schlägt wie für keinen anderen Komponisten, bewies er nach dem langen, auch für ihn kräftezehrenden Abend mit einem Nocturne von Frédéric Chopin, das er so zart und kantabel aussang wie Krystian Zimerman wie in seinen besten Zeiten.

Jan Lisiecki spielt kristallin klar, unprätentiös und reich schattiert

Von der Sensibilität seines Anschlags profitieren zum Glück auch seine Beethoven-Interpretationen. Vor allem in den ersten beiden, noch ausgeprägt klassisch orientierten Konzerten gefällt Lisiecki durch seine kristallin klare, unprätentiöse und reich schattierte Tongebung. Klafften bei seinem Bochumer Solo-Auftritt jüngst noch Zartgefühl und grobe Ausbrüche in den dynamisch stärkeren Teilen ausein­ander, wirkte sein Spiel jetzt in Wuppertal erheblich ausgeglichener. Mit Ausnahme der allerdings von Beethoven bereits kühn und teilweise wie entfesselt notierten Solo-Kadenzen, die Lisiecki mit der Wucht eines Lisztschen Husarenritts ausführte und damit die stilistische Einheitlichkeit sprengte.

Vor allem in den Kopfsätzen schlug Lisiecki ansonsten gemäßigte Tempi, in den langsamen Sätzen bisweilen etwas zähe Tempi an, die ihm und dem Orchester viel Raum für eine natürlich atmende Phrasierung ließen. So entstanden Interpretationen, die durch natürliche Eleganz und Klarheit und nicht durch unangemessenes Muskelspiel überzeugten.

Standing Ovations für einen vorzüglichen Auftakt des Beethoven-Zyklus, der gestern Abend in Bochum mit den Konzerten 4 und 5 seinen Abschluss fand.