Essen. „Top Gun“ brachte Tom Cruise vor 36 Jahren den großen Karriere-Kick – und nun setzt die Fortsetzung „Top Gun. Maverick“ nochmal neue Maßstäbe.

Top Gun ist nicht bloß ein Mythos, Top Gun ist knallharte Realität. Denn die Flugschule der Kampfpiloten der US-Marine nimmt nur die Besten der Besten auf. In aller Regel sind das dann jene Kerle und jetzt auch ein paar Frauen, die mit ihren Jets von Flugzeugträgern aus starten und dort auch landen.

Pete Mitchell war der Beste von allen, bis er sich der Entwicklung und Erprobung eines neuen Flugzeugtyps zuwandte. Aber jetzt ist er wieder gefragt, denn auf einer entlegenen Insel wurden nuklear gestützte Transkontinentalraketen stationiert, die zerstört werden müssen, bevor sie kampfbereit geschaltet sind. Für Mitchell hat die Sache einen Haken: Er soll den Einsatz nicht selbst fliegen, sondern eine Kampfeinheit für ein Kommando trainieren, bei dem eine an sich schon kaum zu bewältigende Hinderniskulisse bei hoher Geschwindigkeit in unter zweieinhalb Minuten bewältigt werden muss.

Tom Cruise fliegt als Pete Mitchell natürlich doch vorneweg

Für das kleine Ziel stehen nur zwei Raketen zur Verfügung, die der Pilot selbst abfeuert. Dann folgt die Flucht durch einen Korridor von infrarot-gesteuerten Raketen und technisch überlegenen Feindjets. Ein unmöglicher Auftrag, aber Pete Mitchell nimmt an und stellt das bestmögliche Team zusammen. Ganz vorne fliegt natürlich der Beste von allen, Pete Mitchell selber. Kampfname Maverick.

Zehn Jahre in der Planung, zwei Jahre auf Eis, weil die Corona-Pandemie den optimalen Kinostart blockierte, und jetzt die Premiere mitten im kriegerischen Konflikt an der Ostkante der Nato – das ist eine Punktlandung, die niemand voraussehen konnte. Aber wenn der Star Tom Cruise heißt, laufen Dinge anders als sonst – sogar für einen Film, dessen Inhaltsanspruch gegen Null tendiert, weil es völlig egal ist, gegen wen man da eigentlich kämpft.

Weiße T-Shirts und Ray-Ban-Sonnenbrillen

Dass für dieses Nichts an Handlung drei Drehbuchautoren nötig waren, scheint schändlich. Aber weil nichts so herausfordernd ist wie die Kunst der Reduktion auf das Allernötigste, entwickelt diese Fortsetzung großen Reiz. Weil sie so unverschämt unterhaltsam ist, dass selbst die peinlichsten Verherrlichungen von Heldentum und Technikrausch so möbelhaft wirken wie die Rutschbahn auf dem Spielplatz.

Wie das? Blicken wir zurück in das Jahrzehnt, als Musikvideos und Werbespots sich als eigenständige Genres auf breiter Front etablierten: Das Kino passte sich ein in den Sturm geschönter Bilder mit Muskeln, Nylons und einem generellen Flair von Fitness und Unbesiegbarkeit. Es war eine aufregend verführerische Optik, in der gut trainierte Körper sich in Coolness und Ertüchtigung üben; und alle tragen weißes T-Shirt und eine Ray-Ban-Sonnenbrille. Auch 2022 noch.

Tom Cruise ist frisch, fit und charismatisch

Tom Cruise sieht 36 Jahre nach dem Film, der ihn zum Star machte, immer noch frisch, fit und charismatisch aus. Seine Partnerin ist Jennifer Connelly, die beim Dreh 50 war und dabei höchstens wie 40 wirkt. Drum herum agieren aufstrebende Talente wie Miles Teller und Glen Powell. Und Regisseur Joseph Kosinski (er drehte schon „Oblivion“ mit Cruise) taucht alles in die Optik von Videospiel und Bierreklame.

Sogar die sentimentalen Momente treffen ins Ziel. Geschlechterfragen lösen sich auf im Team-Feeling vor der Mission Impossible. Nicht denken – agieren ist die Devise! Ein Film wie ein Überschallknall. Laut, leer, aber unglaublich beeindruckend.