Berlin. Meltem Kaptan heimst beim Filmfestival in Berlin eine Bären-Trophäe ein und steigt damit von der Backshow zur Berlinale-Überraschung auf.

Ein gutes Filmfestival hat immer eine Überraschung in petto. Diese hier ist mollig, voller Energie, eine Wundertüte mit lockigem Haar, die den Darstellerinnenpreis der Berlinale für ihre Hauptrolle in Andreas Dresens „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ nicht ungern annimmt, weil sie „ja so ein Deko-Mädchen“ sei – und „Silber kann man gut dekorieren. Das passt“.

Da gewinnt eine Frau mit klar türkischem Namen für die Darstellung einer tapferen Kämpferin gegen Willkür und Ungerechtigkeit den Silbernen Bären. Gekannt haben dürften Meltem Kaptan (41) bis dahin eher Freunde von begrenzt ambitionierten Privatsender-Formaten wie „Das große Backen“ oder, zuletzt, „Allererste Sahne – wer backt am besten?“ Aber wie wenig sagt das über die Frau, in der Andreas Dresen eine Idealbesetzung fand für „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Dort spielt Meltem Kaptan eine couragierte Hausfrau aus Bremen. Eine die nicht aufgibt, den Kampf gegen jene Obrigkeit zu führen, die ihren Sohn schuldlos in Guantanamo gefangen hält.

„NightWash“ und „Quatsch Comedy Club“

Diese Tragödie – eine wahre Geschichte aus dem Schattenreich der Angst vor dem Terror – verdankt ihre Wirkmacht auch einer charismatischen Darstellerin, die bis dato vorwiegend als vitale Ulknudel glänzte. Anfangs zeigte Kaptan Comedy-Künste in „NightWash“ oder dem „Quatsch Comedy Club“, später abendfüllend wortspielend mit ihren familiären Wurzeln, in „DesOrientiert“ etwa. Davon, dass Türken in Deutschland immer die Gangster spielen, hat die gelernte Schauspielerin da schon lange die Nase voll. Die Abkehr, weiß Meltem Kaptan, ist ein weiter Weg.

Die Frau lebt, wo Multikultur zu Hause ist, in Köln und Dortmund, der Heimat ihres Mannes Daniel Holl. Diese Ehe war ihr, wie sollte es anders sein, einen biografischen Ulk in Buchform wert: „Verliebt, Verlobt, Verbockt – meine türkisch-deutsche Traumhochzeit“.

Rabiye Kurnaz verdankt sie die Rolle ihres Lebens

Nun sieht die Welt: Die kann auch anders! Das ernste Fach, und gleich einen Preis von internationalem Rang abgeräumt! Das war Mittwoch Nacht für die bei Gütersloh Aufgewachsene vor allem ein Anlass, ihren Eltern zu danken: „Mama und Papa, ihr seid hier vor so vielen Jahren hergekommen. Und habt nicht verlangt von euren Töchtern, dass sie Medizin oder Jura studieren. Sondern habt gesagt: ,Folgt eurem Weg!’“

Das tut Meltem Kaptan unberechenbar charmant, wozu auch gehört, dass sie nach der Preisverleihung ganz schnell die tapfere Frau anrufen wollte, der sie eine Rolle ihres Lebens verdankt: Rabiye Kurnaz.