Essen. Die Neustarts der Kino-Woche: „Matrix 4“, „Caveman“, „Aline“, „The Lost Leonardo“, „Ein Festtag“ und „Drive My Car“. Fehlt nur ein Weihnachtsfilm.

Weihnachten steht vor der Tür und die Kinobranche rüstet noch einmal mächtig auf für einen prall gefüllten Starttag für alle Filmsüchtigen. Tatsächlich ist für jeden Geschmack etwas dabei, nur auf die Punktlandung eines Weihnachtsfilms wartet man vergeblich.

Carrie-Anne Moss als Trinity und Keanu Reeves als Neo in „Matrix 4“.
Carrie-Anne Moss als Trinity und Keanu Reeves als Neo in „Matrix 4“. © picture alliance/dpa/Warner Bros./Village Roadshow Films | picture alliance/dpa/Warner Bros./Village Roadshow Films

Matrix Resurrections

Die Wachowski-Geschwister, einst Andy und Larry, seit dem Transgender-Coming-Out Lilly und Lana, legen 18 Jahre nach dem desaströsen „Matrix“-Doppelschlag „Reload“ und „Revolutions“ allen Ernstes nun eine dritte Fortsetzung vor. Worum es geht, ist letztlich unerheblich, denn im Spannungsfeld zwischen Moral und Intrige, Schein und Sein, Realität und Matrix geht es zuerst und vor allem um spektakuläre Schauwerte und rasante Action, die konsequent den Gesetzen der Physik trotzen. So richtig neu wirkt dabei kaum etwas. Der Look synthetisiert „Tenet“ und „Possessor“ und Keanu Reeves sieht aus wie John Wick mit langem Mantel. Manga-Ästhetik für Digital-Unersättliche.

Caveman

Der angehende Comedian Rob (Moritz Bleibtreu) erfährt 15 Minuten vor seinem karriereprägenden Auftritt, dass seine Frau Claudia (Laura Tonke) ihn verlässt. Er ändert spontan das Programm und lässt seine Beziehung Revue passieren. Frei nach der Soloshow des US-Komikers Rob Becker inszenierte Laura Brackmann einen typisch Münchnerischen Männer-Frauen-Clinch mit Sitcom-Wortwitz und hell ausgeleuchteten Bonbonfarben. Jürgen Vogel, Martina Hill und Wotan Wilke Möhring sorgen in launigen Nebenrollen für Extralacher im jugendfreien Sexy-Talk-Universum. Wer Filme mag wie „Traumfrauen“ oder „Männerhort“ landet hier punktgenau.

Aline – The Voice of Love

Die Nacherzählung vom unaufhaltsamen Aufstieg einer kanadischen Sängerin, die es als jüngstes von 14 Geschwistern aus ärmlichen Verhältnissen zu den chromblitzenden Showbühnen von Las Vegas schafft; vereinzelte Rückschläge inklusive. Ein Spielfilm über Celine Dion, der sich relativ nah an die Fakten hält, aber den Namen nicht nennen darf. Valérie Lemercier, die auch Regie führte und am Drehbuch mitschrieb, spielt die Titelrolle mit bewunderungswürdiger Hingabe und vollzieht einen mehr als soliden Balanceakt zwischen Lobhudelei und Selbstironie. Auf jeden Fall macht dieser kanadische Film mehr Spaß als die meisten vergleichbaren Hollywood-Biopics.

Valérie Lemercier als Aline Dieu.
Valérie Lemercier als Aline Dieu. © picture alliance/dpa/Weltkino Filmverleih | Jean-Marie Leroy

The Lost Leonardo

In den 2010er Jahren wird das verloren geglaubte Bild „Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci wiederentdeckt und 2017 auf einer Auktion für 450 Millionen Dollar verkauft. Die Dokumentation des Dänen Andreas Koefoed zäumt das Thema mit den Mitteln eines mit komischen Elementen unterfütterten Kunstthrillers auf. Im Intrigenspiel um Macht, Gier und Reputation werden alle Register der Unmoral virtuos ausgespielt, nur die Wahrheit nimmt im Millionenspiel einen minderen Interessenwert ein. Wenn der Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezählt wird, sollte diese Produktion weit vorne mitmischen.

Ein Festtag

An ihrem freien Tag erlebt das Hausmädchen Jane eine leidenschaftliche, aber unstandesgemäße Affäre mit Paul, dem Spross einer Upperclass-Familie. Die dritte Regiearbeit der Französin Eva Husson („Bang Gang“) wirkt auf den ersten Blick wie ein typisch britisches Gesellschaftsstück in Edwardianischem Ambiente. Und doch: die clevere Verquickung von drei Zeitebenen, eine vorzügliche Ensembleleistung (unter anderem veredelt mit Hugh Grant, Olivia Colman und Glenda Jackson) und mindestens ein radikaler Inszenierungskniff heben dieses feministische Kostümdrama weit über den gefälligen Durchschnitt.