Düsseldorf/Essen. Wer war Heinrich Heine? Ein neues Buch sucht die Antworten vor allem im Widerspruch von Leben und Schaffen des ungewöhnlichen deutschen Dichters.
Heinrich Heine war der Widerspruch auf zwei Beinen, und das nicht nur wegen seiner Lust an der Opposition. Er trug die Gegensätze in sich, und vielleicht ist er gerade deshalb der deutscheste aller Dichter, der zugleich weltweit der beliebteste unserer Klassiker sein dürfte. Schon wieder so ein Widerspruch: Heine, dessen Prosa und Lyrik so leichtfüßig und alles andere als steifleinen daherkommt, ist der unklassischste unser Literaturriesen. Dessen größte Heldentaten in den „kleinen“ Formen vollbracht wurden, Gedichte, Feuilletons, Reiseskizzen – es hört nicht auf mit den Widersprüchen.
Dagmar Gaßdorf und Bertold Heizmann bringen es in ihrer neuen Heine-Biografie auf den Begriff des „entlaufenen Romantikers“, wie ein französischer Freund ihn nannte, sehr zum Gefallen Heines selbst. An dem Etikett ist genau genommen die Sache mit dem Laufen das Wichtigste: Heine war ständig in Bewegung. In Düsseldorf groß geworden mit den Idealen der Aufklärung und der Französischen Revolution, verehrte er Klassiker wie Goethe (und einen seiner engsten Geistesverwandten Shakespeare) – und beherrschte die Formen der Romantik mit traumwandlerischer Sicherheit. Aber er ging immer einen Schritt weiter. Auch als Vorkämpfer von Freiheit und Gleichheit – die Revolutionen, die er anfangs hatte herbeischreiben wollen, fürchtete er mit zunehmenden Alter immer mehr.
Gaßdorf und Heizmann beleuchten Leben und Werk Heines mit treffenden Spots von ein bis zwei Seiten, wozu sich beides ja auch trefflich eignet. Nur die „populären Irrtümer“, die der Reihentitel verheißt, sind spärlich gesät. Vom unsicheren, unter seiner kräftigen Mitwirkung verschleierten Geburtsjahr bis zur vermeintlichen Todesursache Syphilis, die auch eine Bleivergiftung gewesen sein könnte, gibt es statt gesicherter Fakten eher – Widersprüche. Jens Dirksen
Dagmar Gaßdorf/Bertold Heizmann. Heine. Klartext Verlag, 120 S., 16,95 Euro.