Düsseldorf. Bei einem Diebstahl wurden wertvolle Glasobjekte aus dem Kunstpalast Düsseldorf entwendet. Ihre Wiederbeschaffung bietet Stoff für einen Krimi.

Einen Krimi der Meisterklasse erlebt der Düsseldorfer Kunstpalast: Sechs Glaskunstwerke aus dem 16. und 19. Jahrhundert, die vor über 20 Jahren bei einem Diebstahl entwendet wurden, sind halbwegs wohlbehalten ins Museum zurückgekehrt. Wie es dazu kam, das ist eine kuriose Geschichte – mit einem hartnäckigen Kommissar, einem ambitionierten Museumsleiter und einem windigen Erpresser in den Hauptrollen.

Wertvolle Glasobjekte sind zurück in Düsseldorf

Es begann am 10. Februar 2000: Das Kunstmuseum im Ehrenhof, wie der Kunstpalast da noch hieß, zeigte eine große Retrospektive des französischen Malers Jean Siméon Chardin, in deren Zuge auch Objekte im dort ansässigen Glasmuseum Hentrich zu sehen waren. 14 Stücke wurden da aus einer Vitrine entwendet, die Umstände sind bis heute nicht geklärt: „Mit der Entdeckung des Diebstahls wurde auch das Fehlen eines Vitrinenschlosses bemerkt“, sagt Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, seit 2008 Leiter des Glasmuseums.

Ein Plakat in seinem Spind erinnerte den Museumsleiter jeden Tag daran, welch großer Schatz dem Haus verloren ging. Allein der venezianische Rippenkrug aus Calzedonia-Glas aus dem 16. Jahrhundert habe einen Wert im sechsstelligen Bereich. Zwei Biedermeiergläser aus der Beute konnten 2004 bei einem Kunsthändler in Wien ausfindig gemacht und zurückgeholt werden. Der Rest blieb verschollen.

Auch interessant

Drei gestohlene Gläser zum Kauf angeboten

Erst im Oktober 2019 kam plötzlich wieder Bewegung in die Sache: „Da meldete sich ein Anwalt aus Turin, der uns schriftlich drei der gestohlenen Gläser zum Kauf anbot“, erzählt Dedo von Kerssenbrock-Krosigk. „Doch die Verhandlungen zogen sich hin. Der Anwalt drohte damit, die Sache versanden zu lassen.“ Mittlerweile wurde das Polizeipräsidium Düsseldorf aktiv: „Wir mussten rasch reagieren“, sagt Kriminalhauptkommissar Dirk Sybertz, der die Gespräche führte.

Doch wieder passierte lange nichts. Bis sich ein halbes Jahr später ein älterer Herr beim Museum meldete, der noch zwei weitere Gläser im Angebot hatte: ein Becher mit diamatgerissenem Nürnberger Stadtwappen und Reichsadler sowie ein Pokal des Glasschneiders Hermann Schwinger, dessen Deckel aber bereits verloren gegangen war. „Sein Ton war ungleich fordernder, aggressiver“, erzählt Sybertz. „Es war schnell klar, dass es sich um Erpressung handelt.“

Auch interessant

Kostbarkeiten in der Plastiktüte

Mit dem Erpresser sei dann ein Lösegeld ausgehandelt worden, dessen Höhe der Hauptkommissar nicht näher beziffern möchte. Die Übergabe sollte am 23. Juli 2020 in einem Hotel in Alba südlich von Turin über die Bühne gehen. Ein befreundeter Auktionator als Lockvogel und italienische Carabinieri waren auch dabei – und die Falle schnappte zu. Ein 63-jähriger Deutscher, der schon lange in Italien lebt, und seine Lebensgefährtin wurden festgenommen.

Diese sechs Glasobjekte kehren nach über 20 Jahren zurück ins Museum Kunstpalast in Düsseldorf.
Diese sechs Glasobjekte kehren nach über 20 Jahren zurück ins Museum Kunstpalast in Düsseldorf. © dpa | Kunstpalast Düsseldorf

Das Diebesgut wurde sichergestellt, darunter auch ein weiteres Glasobjekt, von dem noch gar nicht die Rede war. Ob mit den wertvollen Stücken in zwei Jahrzehnten pfleglich umgegangen wurde, wird gerade untersucht: „Es sind schon einige Beschädigungen festzustellen“, sagt Dedo von Kerssenbrock-Krosigk. „Überreicht wurden uns die Glasobjekte in einer Plastiktüte. Daran sieht man, welchen Wert sie für die Leute gehabt haben müssen.“

Auf den Deutschen wartet jetzt ein Prozess. Nach italienischem Recht könnten auf den Täter mehrjährige Haftstrafen zukommen, schätzt Sybertz. Und die vermissten Objekte? Die sollen alsbald wieder im Kunstpalast zu sehen sein, der gerade saniert wird. Zur geplanten Wiedereröffnung Ende 2022 sollen sie im neuen Glasmuseum Hentrich stehen. Aber top gesichert.