Duisburg. Als Einspringerin für ihre verhinderte Kollegin Hélène Grimaud spielte Lise de la Salle ein Zwei-Stunden-Programm in der Duisburger Mercatorhalle.

Über Absagen freut sich niemand. Erst recht nicht, wenn einer Pianistin vom Format Hélène Grimauds zum Abschluss der Sommerstaffel des Klavier-Festivals Ruhr wegen administrativer Querschüsse die Ausreise aus den USA und damit ihr Auftritt in der Duisburger Mercatorhalle verwehrt wird. In diesen Zeiten kein Einzelfall, wobei Intendant Franz-Xaver Ohnesorg so gut vernetzt ist, dass er bisher fast immer Ersatz auf Augenhöhe gefunden hat.

So auch diesmal für das Duisburger Konzert, auch wenn mit Lise de la Salle eine Musikerin ganz anderen Zuschnitts in die Tasten griff als ihre französische Landsfrau. Ein gewaltiges, konditionell und mental kräftezehrendes Programm absolvierte die junge Pianistin über eine fast zweistündige Strecke, ohne Pause – und ohne die geringsten Ermüdungserscheinungen.

Isaac Albéniz und Alberto Ginastera, Liszt und Chopin

Zwei spanisch-argentinische Zyklen von Isaac Albéniz und Alberto Ginastera umrahmten das Herzstück des Abends, Franz Liszts in jeder Hinsicht ebenso problematische wie faszinierende Sonate in h-Moll. Ein formal schwer zu fassendes und die Möglichkeiten des Klaviers extrem ausreizendes Werk, dem sich Lise de la Salle mit beeindruckender physischer Energie stellte, wobei ihr ungewöhnlich starker Einsatz der linken Hand das orchestrale Volumen der Sonate noch verstärkte. Eine unter emotionalem Hochdruck, mit heißer Nadel gestrickte Interpretation. Allerdings auch eine Darstellung, die klangliche Kontraste extrem scharf herausmeißelte, getragen von einem harten Anschlag in den kräftigeren Passagen, was der Ausgewogenheit des Klangbilds nicht immer dienlich ist.

Attribute, die sie im Hexenritt des Ersten Mephisto-Walzers von Liszt auf die Spitze trieb. Und auch mit den spanisch-lateinamerikanischen Werken des Abends, den „Cantos de España“ von Albéniz und den „Tres Danzas Argentinas“ von Ginastera, ging sie nicht sanft um. Hier allerdings durchaus im Sinn der Stücke, die dadurch an rhythmischer Prägnanz gewannen und vor allem der Gefahr salonhafter Unverbindlichkeit entgehen konnten.

Franz Xaver Ohnesorg und Lise de la Salle betroffen – die Flut

Und wenn sie als Zugabe mit Chopins Nocturne in cis-Moll eines ihrer Lieblingsstücke zelebriert, zeigt sie, dass sie die Tasten auch streicheln kann. Sie wie auch Intendant Franz Xaver Ohnesorg reagierten so betroffen auf die Flutkatastrophe, dass der Abend mit einem Bach-Choral und einer Schweigeminute angemessen begann.

Am 3. September wird das Festival mit weiteren 33 Konzerten fortgesetzt. Karten können ab sofort online reserviert werden (www.klavierfestival.de).