Recklinghausen. Die 75. Ruhrfestspiele sind Geschichte. Wir sprachen mit einem zufriedenen Intendanten Olaf Kröck über Digitales, Enttäuschungen und 2022.
Die 75. Ruhrfestspiele sind mit 27.000 Zuschauern zu Ende gegangen, 14.000 davon hatten ein Live-Erlebnis vor Ort. Intendant Olaf Kröck ist zufrieden, wir sprachen mit ihm.
Herr Kröck, was war Ihre prägende Ruhrfestspiel-Erfahrung in diesem Jahr?
Es waren mehrere, und nachgewirkt hat auch immer noch die aus dem ersten Lockdown, dass Kunst und Kultur wichtig sind, aber die Gesundheit an erster Stelle steht – und dass wir eine wichtige Rolle spielen können, wenn wir uns zurücknehmen. In diesem Jahr hat mich die große Bereitschaft unseres Teams fasziniert, über ein dezidiertes Hygienekonzept nachzudenken, wir haben nie zuvor über so etwas nachdenken müssen. Aber klar wurde auch: Theater in der Distanz ist immer nur eine Hilfskonstruktion, wir machen ein Live-Festival. Aber es haben sich auch neue Möglichkeitsräume aufgetan.
Sie meinen das Streaming?
Das Streamen von Theaterinszenierungen ist dabei am wenigsten interessant. Ich meine die Game-Inszenierung, die wir hatten, oder ein Gespräch etwa mit Ulrich Matthes und Wolfram Koch in Berlin, während ich in Recklinghausen saß, ein Gespräch über Kunst und das, was uns wichtig ist. Das hatte unerwartet viel Publikum – und wenn man in den sozialen Medien richtige Inhalte anzubieten hat, da kommt es auch zu ganz anderen Kontakten und Reichweiten. Wir haben viel mehr und viel unterschiedlicher mit unserem Publikum kommuniziert in diesem Jahr, bei Lesungen und Diskussionen, auch bei den „Partei ergreifen“-Veranstaltungen mit dem DGB. Und: Fast alle Künstlerinnen und Künstler, die bei uns aufgetreten sind, haben es zum ersten Mal seit Monaten getan, da waren viele sehr aufgeregt vor Freude und Glück, selbst die größten Profis.
Aber es gab auch Enttäuschungen.
Ja, wir mussten 23 Produktionen absagen, darunter die Produktion von Dimitris Papaioannou „Transverse Orientation“, die in allen Feuilletons von Paris bis New York Furore gemacht hat - am 22. Mai wäre sie bei uns die Weltpremiere gewesen, aber die hat nun am 2. Juni in Lyon stattgefunden. Wir haben ständig auf das Infektions-Dashboard des Robert-Koch-Instituts geguckt und überlegt, was möglich ist.
Und dazugelernt.
Wir haben jetzt ein neues Rüstzeug, ja. Aber ein Rezept für die Zukunft ist das nicht, es bleibt ein Modell für den Augenblick. Anfang Mai hatten wir noch eine Ausgangssperre, es war kühl draußen – das sind ganz andere Voraussetzungen für digitale Formate als jetzt.
Werden die Ruhrfestspiele auch im nächsten Jahr noch einen Corona-Beauftragten brauchen?
Ja, ich vermute schon, aber hoffentlich nicht mehr in dieser Intensität – und hoffentlich auch keine 2300 Corona-Schnelltests mehr.