Düsseldorf. NRW soll bis zum Jahresende ein Kulturgesetzbuch bekommen. Neu: Die Vergabe von Landesmitteln soll an Sozial- und Tarifstandards geknüpft werden.

Das Land Nordrhein-Westfalen will seine Kulturförderung in Zukunft davon abhängig machen, dass die Kunstschaffenden, die in geförderten Projekten oder Einrichtungen beschäftigt werden, den gesetzlichen Mindestlohn oder mehr erhalten. Am weitesten gehen die geplanten Regelungen bei den Musikschulen: Sie sollen, wenn sie Landesgeld bekommen wollen, „in der Regel qualifizierte Lehrkräfte mit abgeschlossener musikalischer Fachausbildung“ und Unterrichts-Befähigung anstellen, und zwar „grundsätzlich sozialversicherungspflichtig und tarifgebunden“, also mit festen Stellen statt mit Honorar-Verträgen, wie bislang weithin üblich.

Gebündelt werden alle diese Vorschriften in einem Kulturgesetzbuch, dessen Entwurf das NRW-Kabinett am Dienstag verabschiedet hat und das nun in die parlamentarischen Beratungen des Landtags geht. Das Kulturgesetzbuch, so die Planung, soll noch bis zum Winter abschließend beraten werden und mit Jahresbeginn 2022 in Kraft treten. Es wäre das erste Kulturgesetzbuch eines Bundeslandes; bisher gibt es lediglich ein Sozialgesetzbuch, das in den 70er-Jahren eingeführt wurde, um eine Über- und Klarsicht auf ein Dickicht von Gesetzen zu schaffen, das sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelt hatte. Ein ebenfalls ins Auge gefasstes Arbeitsgesetzbuch scheiterte bislang, ein Umweltgesetzbuch auch.

Isabel Pfeiffer-Poensgen will Kultur-Strukturen stärken

Das neue Kulturgesetzbuch aber soll erst einmal für Standards und ihre Einhaltung in der Kulturszene sorgen. Die Corona-Krise habe vor Augen geführt, „wie empfindlich die kulturellen Strukturen vielfach immer noch sind“, sagte NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) am Mittwoch bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs, der eine dauerhafte Stärkung der Kultur-Strukturen im Land bewirken soll: „Wir geben der Kultur die gesellschaftliche Bedeutung, die sie verdient. Kultur nach Kassenlage kommt für uns nicht in Frage!“

Mit einem Passus, der den Verkauf von Kunstwerken aus Landesbesitz zu Zwecken der Haushaltssanierung verbietet, reagiert das Land auf die Skandale, welche die rot-grüne Vorgängerregierung mit dem Versuch ausgelöst hat, Kunst der landeseigenen Spielbank-Betreiberin Westspiel und der insolventen WestLB zu verkaufen. Die weitere Erforschung von Nazi-Raubkunst gehört ebenso zu den Geboten des Kulturgesetzes wie die der Kunst, die in der DDR enteignet wurde und sich jetzt womöglich in NRW-Museen befindet.

Gerhart Baum kritisiert im Namen des NRW-Kulturrats

Ebenfalls Teil des Kulturgesetzbuchs sollen Vorschriften zum Bürokratieabbau sein, „damit haupt- und ehrenamtliche Akteure unkompliziert Fördermittel des Landes beantragen können“, erläuterte Kultur-Staatssekretär Klaus Kaiser.

Genau dieser Bürokratie-Abbau bleibe im vorliegenden Gesetz-Entwurf noch viel zu „ungeregelt“, „der Bürokratieabbau muss endlich in Angriff genommen werden!“, forderte Gerhart Baum als Vorsitzender des Kulturrats NRW, der gemeinsamen Vertretung aller Kulturverbände im Land. „Einige Kunstsparten wie der Tanz und die Bildende Kunst“, so Baum weiter, seien zudem noch „nicht angemessen berücksichtigt.“ Und: „Der Kulturrat würde es begrüßen, wenn es angesichts der Bedeutung des Gesetzes zu einer parteiübergreifenden Zustimmung kommen würde.“