Essen. Das neue Werk von Thriller-Autor Frank Schätzing ist ein Sachbuch: „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“ beschäftigt sich mit dem Klimawandel.
Als Frank Schätzing mit „Der Schwarm“ vor 17 Jahren seinen ersten Bestseller landete, war er dank seiner Recherchen ein Experte des Meereslebens geworden, konnte selbst seltene Phänomene akkurat beschreiben. Auch die Arbeit an seinen folgenden Werken erhöhte seinen Wissensstand, so dass der 63-jährige Kölner heute stundenlang und mit Begeisterung über das Für und Wider künstlicher Intelligenz, mögliche Helium-3-Gewinnung auf dem Mond oder die Krise des Nahen Ostens referieren kann. Und nicht selten musste Schätzing erleben, dass seine Romane ihn einholten: Kurz auf den „Schwarm“ folgte der reale Tsunami, manche Utopie aus Schätzings Silicon-Valley-Roman („Die Tyrannei des Schmetterlings“) fährt heute auf den Straßen herum oder verrichtet surrend im OP-Saal ihren Dienst.
Stilistisch ist Bestseller-Autor Frank Schätzing sich treu geblieben
Frank Schätzings jüngstes Buch ist kein Thriller, keine Fiktion – sondern reine Zukunftsvorhersage. Diesmal lässt er uns unmittelbar teilhaben an seinen Recherchen, seinen Gedanken, und schreibt gleich mehrere mögliche Skripte. Wenn die Welt nichts tut gegen den Klimawandel, dann wird Staffel 7 von Schätzings Untergangs-Serie so enden: „Die Weltbevölkerung sinkt. Sinkt schnell weiter. Ökonomischer und ökologischer Zusammenbruch. Kriege. Hunger. Durst. Ende der Zivilisation. Fast alle Arten sterben aus.“
Gut, stilistisch ist Schätzing sich treu geblieben. Und auch in früheren Sachbüchern oder TV-Formaten hat er sich mit der Umwelt und ihrem menschlichen Gegenspieler beschäftigt. Neu aber ist die Intensität, mit der Schätzing uns Leser direkt anspricht, zu Akteuren macht, schon innerhalb seines Buches, das denn auch den treffenden Titel trägt: „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“. Während der ebenfalls umweltbewegte Schriftstellerkollege Jonathan Franzen im vergangenen Jahr in einem pessimistischen Essay („Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?“) riet, uns lieber für die Herausforderungen des Klimawandels zu wappnen statt weiter auf dessen Abwendung zu hoffen, krempelt Schätzing noch mal so richtig die Ärmel auf: „Ein Jahrzehnt, den Kurs zu ändern, bleibt uns.“
Der eigene ökologische Fußabdruck und Fragen der Lebensqualität
Zunächst einmal informiert Schätzing uns über Grundsätzliches. Was sind eigentlich Treibhausgase, wer produziert am meisten? Welche Entscheidungen hat die Politik bislang getroffen (oder auch nicht), was treiben die Aktivisten, kurz: Wer ist gut und wer ist böse? Schätzing formuliert launig und bleibt ein Quellenverzeichnis schuldig, dennoch hat er sich offenkundig tief ins Thema gewühlt. Im zweiten Teil des Buches wird’s dann warm für uns Leser: Warum verhält der Einzelne sich nicht so, dass es der Allgemeinheit dient? Schätzing jongliert psychologischen Erkenntnissen, bevor er uns dann unseren eigenen ökologischen Fußabdruck vor Augen führt (nicht ohne auch diesen Begriff zu erklären).
Er scheut sich nicht, banale Tipps zu geben: Stellen Sie nichts Warmes in den Kühlschrank, das verbraucht Energie. Kaufen Sie lieber dreimal in der Woche Bio-Fleisch als sechs-mal Billig-Schnitzel aus Massentierhaltung. Rasch aber sind wir von hier aus bei der nachhaltigen Geldanlage oder der Frage, ob wir wirklich jedes Urlaubsfoto in der Cloud speichern müssen. Das Geheimnis: Schätzing erzählt auch die komplexesten Dinge so, als ginge es nur darum, beim Zähneputzen nicht das Wasser laufen zu lassen.
Und er schimpft uns nicht aus, sondern ermuntert uns – und ködert uns mit dem Versprechen, wir würden uns nicht nur besser fühlen, weil wir bessere Menschen werden. Sondern auch, weil unser Leben schöner wird: „Dieses bessere Leben wird vielleicht nicht mehr mit dem gewohnten Überfluss einhergehen, dafür aber mit mehr Qualität“, erklärte Schätzing in einem Interview: „Wir werden Dinge wieder mehr wertschätzen.“