Berlin. Berlinale 2021: Der Hauptpreis geht an eine Porno-Farce aus Rumänien, „Herr Bachmann“ verdient den Bären der Herzen – und Maren Eggert begeistert.

Für Gold hat es dann doch nicht gereicht, immerhin bekam die 217-Minuten-Langzeit-Dokumentation „Herr Bachmann und seine Klasse“ von Maria Speth als Preis der Jury den Bären in Silber. Den Bären der Herzen hätte dieses bewegende, warmherzige Werk allemal bekommen, hätte es denn ein Publikum bei dieser 71. Ausgabe der Berlinale gegeben – wegen Corona müssen Zuschauer sich noch bis zum 9. Juni gedulden, wenn im zweiten, öffentlichen Teil des Festivals der Rote Teppich ausgerollt und die Bären offiziell verliehen werden.

Erzählt wird vom Alltag der Klasse 6b der Georg-Büchner-Gesamtschule im hessischen Stadtallendorf und ihrem titelgebenden Lehrer. Dieser Herr Bachmann erweist sich als begnadeter Pädagoge, der mit ungewöhnlichen Methoden seine Schüler auf das Leben vorbereitet. Die meisten von ihnen haben Migrationshintergrund, etlichen fehlen Deutschkenntnisse, eine Perspektive hat kaum jemand in der Klasse – außer dem Lehrer. Der glaubt an seine Kids, ermutigt sie und begeistert sie für Werte wie Mitgefühl, Respekt oder Toleranz. Wie ihm das gelingt, ist begeisternd.

„Herr Bachmann und seine Klasse“ begeistert die Zuschauer

Wie die Regisseurin ihr Konzept der teilnehmenden Beobachtung umsetzt, ist nicht minder faszinierend. Die fast vier Stunden vergehen wie im Flug. Je mehr man von diesen Kindern erfährt, desto spannender gerät die Sache. Der Angeber, der doch nur seine Feigheit versteckt. Der Rabauke, der sich als Sensibelchen entpuppt. Oder jenes Mädchen mit Kopftuch, das ihre Kopfbedeckung schon mal für ein Schläfchen nutzt. Wie ein Dompteur hat Herr Bachmann seine Klasse mit sanfter Autorität im Griff, wie ein Zauberkünstler hält er das Interesse der zwölf- bis vierzehnjährigen Mädchen und Jungen wach – und ebenso die der Zuschauer.

Auf dem Siegertreppchen landete ebenfalls Maren Eggert für ihre Darstellung in „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader, in der sie sich in einen Roboter verliebt. „Beste Schauspielerische Leistung“ heißt dieser Bär in politisch korrekter Form, erstmals wird auf die Aufteilung in Männer und Frauen verzichtet, und nur mehr ein Preis in der Schauspiel-Kategorie vergeben.

„Bad Luck Banging or Loony Porn“ holt den Hauptpreis der Berlinale

Über Gold kann sich einmal mehr Rumänien freuen, den Hauptpreis holte Radu Jude für seine Farce „Bad Luck Banging or Loony Porn“ – der Titel kann durchaus als Warnung genommen werden, beginnt das Werk gleich zum Auftakt mit einem mehrminütigen Porno, der kein Blatt vor die Kamera nimmt. Jenes Amateurvideo geht viral und sorgt für Rummel in den sozialen Medien – schließlich ist die Darstellerin von Beruf Lehrerin.

Wenngleich Dominik Graf mit seiner ambitionierten, fast dreistündigen Kästner-Verfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ ebenso leer ausging wie Daniel Brühl mit seinem Regiedebüt „Nebenan“, einer selbstironischen Komödie über die Eitelkeiten eines Stars, fällt die Berlinale-Bilanz für das deutsche Kino dank seine Bandbreite überdurchschnittlich gut aus. Auf die Sommer-Ausgabe im Juni kann sich das Publikum allemal freuen – auf die Kinoauswertung nicht weniger.