Castrop-Rauxel. Da ist guter Rath teuer: Am Westfälischen Landestheater setzt man zum Start der neuen Spielzeit auf „Babylon Berlin“. Das Ergebnis: Geht so.

„Babylon Berlin“ liegt am Europaplatz, Kommissar Gereon Rath ermittelt am Westfälischen Landestheater. Zum Start in die neue Spielzeit hat man sich am WLT auf Volker Kutscher und dessen im Berlin der späten Weimarer Republik und des aufkommenden Nationalsozialismus spielende Kriminalromane besonnen. Die ersten beiden der bis heute acht Gereon-Rath-Bände bilden die Vorlage für die bislang aufwendigste, international gelobte deutsche TV- und Streaming-Reihe „Babylon Berlin“.

Die Rechnung, sich mit der von Jeanette Mohr erstellten und von Markus Kopf inszenierten Bühnenfassung des siebten, 1935 spielenden Rath-Romans „Marlow“ folglich auf sicherem Boden zu bewegen, geht indes nur teilweise auf.

Gereon Rath und seine Frau Charly wirken wie fremde Solitäre

In einem mit Archivkisten vollgestapelten Einheitsraum legen zwei Archivare alte Polizeiakten ab. Aus dem Gespräch dieser „Erzähler“ entwickelt sich, gleichsam als Rückblende, der Fall. Doch alles überlagernde Musik der 30er-Jahre macht bereits einen Großteil dieser Einführung unverständlich. Wenn dann die Protagonisten in Erscheinung treten, zeigt sich, dass auch eine Annahme nicht unbedingt zutrifft: Trotz des um die Filmserie entstandenen Hypes kennt eben nicht jeder Theaterbesucher alle Figuren aus dem Effeff.

Nicht jeder hat „Babylon Berlin“ gesehen, kennt die Entwicklung der Beziehung zwischen Gereon Rath (Maximilian von Ulardt) und seiner Frau Charly (Franziska Ferrari), die, jetzt aus dem erzählerischen Kontext gerissen, wie fremde Solitäre wirken. Nicht jeder weiß, dass der titelgebende Unterweltkönig (Johann) Marlow kein Episodengast ist, sondern romanübergreifender Hauptakteur.

Bei der komplexen Geschichte sind die Erzähler gefordert

Rath bekommt es, unter den Augen von SD und SS, mit einem politisch heiklen Fall zu tun. Hermann Göring ist wohl in dunkle Geschäfte mit Marlow (Mike Kühne) verwickelt und soll offenbar erpresst werden. Steckt ein parteiinterner Feind dahinter, vielleicht Reinhard Heydrich ? Dass seine Vorgesetzten ihn bald von dem Fall abziehen, stachelt Rath nur weiter an.

Um die komplexe, figurenreiche Geschichte in 90 Minuten halbwegs verständlich auf die Bühne zu bringen, sind in erster Linie die Erzähler gefordert. Die erläutern, was wer wo und warum gerade macht oder gemacht hat. Ihre in der Tat erforderlichen Erklärungen bremsen das durchaus attraktive Spiel leider immer wieder aus und verhindern, dass ein echter Spannungsbogen aufgebaut wird.

Termine in der Region: 20.10. (20 Uhr) Hilpert Theater Lünen; 3.11. (19.30 Uhr) Saalbau Witten; 27.11. u. 23.1. (20 Uhr) WLT Castrop-Rauxel. Ticket-Hotline 02305-978020. www.westfaelisches-landestheater.de