Gelsenkirchen. Eine klangvolle Schmiede für junge Musiker: Das Landesjugendorchester wird 50 Jahre alt. Neu dabei: Die Gelsenkirchenerin Inas Al-Omari (15).

Zum 50. Geburtstag des Landesjugendorchesters NRW (LJO) spielen naturgemäß keine Gründungsmitglieder. Der Klangkörper fördert die begabte Jugend. Sie erleben dort große Auftritte, Profi-Bedingungen, harte Proben und den Beifall des Publikums. Neu stößt im Jubeljahr Inas Al-Omari dazu. Lars von der Gönna traf die
15-jährige Hornistin zum Gespräch über Tränen, Blech als Männerdomäne und den Umgang mit Fehlern.

Herzlichen Glückwunsch zur Berufung ins LJO! Wie haben Sie davon erfahren?

Inas Al-Omari: Per Telefon, von meinem Lehrer. Ich stand am Herd und machte gerade ein Pfannenbrot. Ich konnte es erst gar nicht glauben.

Was war Ihre erste Reaktion auf die gute Nachricht?

Tränen. Ich hab wirklich geweint, natürlich aus Freude. Ich war total überwältigt. In diesem Orchester spielen zu dürfen, das bedeutet natürlich viel.

Gehen wir noch mal zurück zur Zeit davor. Wie kamen Sie ausgerechnet zum Horn?

Eigentlich per Zufall. In der Grundschule habe ich Blockflöte gespielt, aber ich wollte immer Klavier spielen oder Geige – oder Ballett tanzen, also eher etwas Elegantes. Aber manchmal kommt es anders: Ich habe Judo gemacht, habe Hip-Hop getanzt, also quasi das Gegenteil. Dann kam ich mit zehn auf die weiterführende Schule ...

Und griffen zum Horn?

Gar nicht! Ich kam in die Bläserklasse, wir durften Sachen ausprobieren und dann Wunsch-Instrumente auf einem Zettel ankreuzen: Ich hab drei angekreuzt: Querflöte, Tuba und Tenor-Saxofon. Horn wollte ich auf gar keinen Fall. Und dann wurden die Instrumente übergeben: Ich kriegte ein Horn. Ich dachte, das wär’ eine Verwechslung, weil die Tuben-Leute gleich neben den Hörnern saßen.

Sie waren erst zehn Jahre alt. Haben Sie protestiert?

Meiner Mutter habe ich gesagt, dass ich es erstmal doof fand. Die erste Zeit war ich unzufrieden. Aber mein Lehrer war überzeugt, dass ich das gut mache. Heute ist es klar eine Leidenschaft.

Ihr Lehrer hatte einen guten Riecher: Sie kommen gleich als Solistin ins Landesjugendorchester. Und: Sie wussten früh, „Ich will Profi-Musikerin werden.“

Das muss man einfach früh entscheiden. Da muss man früh dabei sein. Musik und Sport sind Felder, auf denen man nicht erst mit 20 sagen kann: Ich will das beruflich machen, das ist dann fast unmöglich.

Das Blech im Orchester war lange eine Männerdomäne. Haben Sie eine Erklärung dafür? Die Kraft?

Auf jeden Fall kann ich sagen, dass es wirklich anstrengend ist. An dem Spruch „Blechbläser sind die Hochleistungssportler des Orchesters“ ist was dran. Aber ich würde nicht sagen, dass eine Frau das nicht schaffen kann. Sie kann es genauso gut wie ein Mann.

Was lieben Sie an Ihrem Instrument besonders?

Dass es so vielfältig ist. Ein Horn kann der Held sein, aber auch romantisch und ganz weich. Man kann zarte Töne spielen und ganz kraftvolle. Das mag ich sehr.

Es auf Ihr Niveau zu bringen, bedeutet harte Arbeit. Haben Ihre Mitschüler Verständnis, dass Sie nicht immer Zeit für sie haben?

Ich hab sehr viel Glück mit meinen Freunden, die unterstützen mich auch darin. Fakt ist einfach: Es gibt Zeiten, in denen mein Horn die Priorität ist und ich bei Proben sitze, während die anderen schwimmen gehen. Klar, gibt es auch bei Musik mal eine „Kein-Bock-Phase“. Das gehört einfach dazu, aber die vergeht bei mir zum Glück wieder ganz schnell.

Sie haben jetzt schon im LJO gespielt. Da wird klar Leistung abgerufen. Kann man da noch das Musizieren genießen oder dominiert doch die Konzentration, alles richtig zu machen?

Also, erstmal kann man nie alles richtig machen, es geht immer mal was schief, selbst bei den Profis. Ich geb’ immer mein Bestes, ob Probe oder Konzert. Spaß gehört unbedingt dazu. Ich kann den auch haben, wenn ich mich konzentriere. Und: Mit Menschen zu musizieren, die man gern mag, ist einfach toll.

Wenn man Mozart oder Beethoven liebt, ist man als 15-Jährige nicht unbedingt wie alle anderen. Versuchen Sie dennoch manchmal, Ihre Mitschüler für die Musik der Klassik zu gewinnen?

Ich hab schon öfter in meiner Klasse Konzerte angesagt, in denen ich mitgespielt habe: „Ihr könnt gerne kommen und Euch das mal anhören!“ Aber da ist halt keiner gekommen.

Sie sind derzeit auf Jubiläumstournee. Gibt es einen Moment im Konzert, den Sie besonders mögen?

Ein gutes Konzert zu spielen ist schon an sich schön. Aber wenn der Dirigent einen danach aufstehen lässt und das Publikum applaudiert, das ist schon ein ganz besonderes Gefühl.

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FESTKONZERT ENDE OKTOBER

Etwa 80 Musikerinnen und Musiker aus ganz NRW versammelt das Landesjugendorchester. Ein Großteil des Ensembles belegte erste Plätze bei „Jugend musiziert“.

Frühestes Eintrittsalter ist 14; bis zum 24 Lebensjahr kann man im LJO bleiben. Seit seiner Gründung haben über 3000 Jugendliche im Orchester gespielt, viele von ihnen schafften danach den Weg in angesehene Klangkörper.

Das im Frühjahr verschobene Jubiläumskonzert des Orchesters findet nun am 25. Oktober, 19h, in der Stadthalle Wuppertal statt – mit Beethovens Violinkonzert und seiner „Eroica“. Tickets sind online buchbar unter