Herne. Ehrenpreise an Thomas Gottschalk und den „Geierabend“, bei Publikum und Jury setzten sich zwei überraschend zurückhaltende Künstler durch.

Mänschenskind, wat war dat ein schöner Abend zu Ehren von dem Adolf Tegtmeier. Auch wenn der jetzt schon seit 25 Jahren seiner eigenen Sause nur noch von seinem Wölkchen aus zugucken kann. Und tatsächlich: „Tegtmeiers Erben“ ist nicht nur ein Kabarettwettbewerb, sondern die einzige Feier, bei der man ganz ohne schlechtes Gewissen von lachenden Erben reden darf. Für die größte Überraschung sorgte dabei Thomas Gottschalk...

Tegtmeier-Büste auf der Bühne des Herner Kulturzentrums.
Tegtmeier-Büste auf der Bühne des Herner Kulturzentrums. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Denn wer hätte gedacht, dass der eher für charmante Schlagfertigkeit als für seine Komik bekannte Träger des Jürgen-von-Manger-Ehrenpreises für sein Lebenswerk an diesem Abend so eine lustige Tegtmeier-Hommage aus den blonden Locken schüttelt: Thomas Gottschalk war da, sonnengebräunt, exzellent gelaunt, im Lederanzug, gefühlt gerade von der Bambi-Verleihung rüber ins Kulturzentrum nach Herne gesprungen. Und er begann in einer Stimme und mit Sätzen, die dem verstorbenen Jürgen von Manger gerecht wurden: „Herrschaften, mit diese Preise, das is gar nich so ainfach. Ganz wichtig is auch bei Preisverleihung die Bedankung. Man muss sich auch ein bissken freuen. Und also die Mutter. Dankeschön liebe Mutter, ohne dich wäre ich schon mal nicht hier gewesen.“ Wer hätte das gedacht: In Gottschalk steckt ein echter Pottschalk!

Gottschalk imitierte in jungen Jahren Luis Trenker und Adolf Tegtmeier

Juryliebling Moritz Neumeier.
Juryliebling Moritz Neumeier. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Man merkt, dass er das nicht erst vor ein paar Tagen einstudiert hat: „Meine ersten Auftritte, da habe ich imitiert: Luis Trenker, Jürgen von Manger und meinen Mathematiklehrer.“ Dass er zu Hause die Tegtmeier-Platten noch in Ehren hält, während er doppelt- und dreifach vorhandene von Pink Floyd aussortiert hat, mag da eine kleine Überraschung sein, ebenso die Feststellung: „Ich war der einzige Oberfranke, der wusste, wat Käsemauken sind.“

Wo Gottschalk ist, nimmt er viel Raum ein. Aber man darf nicht vergessen, dass es auch noch ein paar andere Höhepunkt gab an diesem Abend: So hielt Ex-Vizekanzler und Herner Franz Müntefering eine amüsante Laudatio auf das Team des „Geierabends“, bei dem man längst von einer Ruhr-Institution sprechen kann, die alternativen Karneval mit bissigem Kabarett vereint. Dafür gab’s den Tegtmeier-Ehrenpreis.

Mit Klavierkomik zum Publikumsliebling

Wirklich jeder wollte ein Selfie mit Thomas Gottschalk (l.), so auch Publikumspreisträger William Wahl.
Wirklich jeder wollte ein Selfie mit Thomas Gottschalk (l.), so auch Publikumspreisträger William Wahl. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Und dann gab’s ja noch den Wettbewerb, dem Gottschalk ein höheres Niveau bescheinigte als dem „Deutschen Comedypreis“. Hier setzten sich die zurückhaltenderen Künstler durch. Publikumsliebling wurde William Wahl aus Bochum, der lange mit der A-cappella-Gruppe „Basta“ sang und seit zwei Jahren solo am Klavier Späße treibt. So machte er aus Abbas Hit „Chiquitita“ einen Song über die Leiden junger Eltern: „Schicke Kita.“ Und er bezog mit schüchterner Art das Publikum ein.

Subtile Pointen gegen Hasskommentare im Netz

Die Jury ließ sich von Moritz Neumeier aus Schleswig-Holstein hinreißen, der ganz ruhig seine Nummern aufbaut, ein Unterhalter mit Haltung, der „große gesellschaftliche Themen und vermeintlich Privates“ verhandelt, so die Jury-Begründung. Er ging auf Hasskommentare im Netz ein – und erzählte, wie man sie subtil entwaffnet. Wie er den Bogen schlägt zu seinen Kindern und der Langeweile, die sich beim Vorlesen von Astrid Lindgrens „Bullerbü“ einstellt, war mehr als gekonnt.

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Wenn also Adolf Tegtmeier an diesem Abend von seinem Wölkchen herab auf Herne geschaut haben sollte, dann hat er sich gewiss zufrieden ein Bottroper Bier eingeschüttet – und zusammen mit seinen Erben herzlich gelacht…

>>>INFO: Ein Wettbewerb zu Ehren eine großen Ruhrgebiet-Originals

Als der Herner Jürgen von Manger, der durch seine Bühnenfigur Adolf Tegtmeier den Ruhrgebietshumor geprägt hatte, 1994 starb, beschloss man, zu seinen Ehren einen Nachwuchspreis ins Leben zu rufen. Tegtmeiers Erben gibt es seit 1997, der Preis wird im Zweijahresrhythmus verliehen. Denn Wettbewerb haben u.a. Hagen Rether, Hennes Bender und Carolin Kebekus gewonnen.