Düsseldorf. Selbst schuld, wer an einen Coup glaubte. Harald Schmidts Co-Regie bei Franz Lehárs "Die lustige Witwe" an der Düsseldorfs Rheinoper grenzt an eine Mogelpackung: eine Handvoll vertrauter Dirty-Harry-Späße an der Seite langer Viertelstunden.

Vielleicht sind wir es, die dereinst ihren Enkeln erzählen können, dass wir Zeugen sein durften von Harald Schmidts Karriereherbst. „Er hat dann später noch kleine Witze für Operettenaufführungen geschrieben”, werden wir sagen und die Kleinen werden vielleicht fragen: „Welcher Schmidt?”

Was hat Düsseldorfs Rheinoper nicht für einen PR-Aufwand (allein die Plakate!) betrieben, weil sie den weiß gewordenen Late-Night-Gott der Deutschen als Co-Regisseur für Lehárs „Lustige Witwe” hatte gewinnen können. Und wie haben wir Journalisten uns willig am Aufwind beteiligt, in dem wir dies früh und irgendwie rauschhaft begeistert herausposaunt haben.

Vertraute Dirty-Harry-Späße

Dabei hätten wir doch ahnen können, dass das Ergebnis eine Mogelpackung ist: eine Handvoll vertrauter Dirty-Harry-Späße an der Seite langer Viertelstunden. War das den Werbeeffekt wert? Oder gab es Schmidt gar nur zum Preis eines mitgelieferten Mittelklasse-Regisseurs Christian Brey, der mit ihm Stuttgarts Hamlet-Musical stemmte?

Wer sich von den Mutmaßungen entfernt, um sich stattdessen ins Parkett der Deutschen Oper am Rhein zu setzen, kann kaum die Wieder-auferstehung der Operette für das 21. Jahrhundert verkünden. Wäre nicht die Luftballon-Ästhetik deutscher Tanzfilme der 1950er à la Géza von Cziffra so dominant, glaubt man bei der Sketchparade an der Rampe Zeuge eines anderen Erweckungserlebnisses zu sein: Da staubt man sich Witzigkeiten im Stil alter Frankenfeld-Shows zu und irgendjemand giselaschlütert: „Bei uns gibt's weniger treue Frauen als Minarette in der Schweiz!”

Ein schlimmer Flop

Das mit den Minaretten könnte vielleicht ein frisch ausgebrüteter Schmidt-Witz gewesen sein, aber Schmidt ist eben sein bester Interpret – und keiner jener Düsseldorfer Opernsänger, die im Drehtüren-Stil alter Boulevard-Kracher triumphieren sollen.

Diese kostümbombastische Inszenierung ist nicht zuletzt wegen der fabelhaften Symphoniker unter Axel Kober kein schlimmer Flop, aber eben doch bloß ein Hoch-das-Bein-Stadttheater-Vergnügen, in dem ahnungsweise die spiegelnde Dreh-Bühne (Anette Hachmann, Elisa Limberg) Düsseldorfs Premieren-Society sich selbst bestaunen lässt.

Düsseldorf kichert

Selten blitzt Anarchie auf – wenn das Ballett dem schwerreichen Wachstumsbeschleunigungsgesetz namens Witwe lächerlich-lemminghaft den Hof macht und Graf Danilo (brillant: Will Hartmann) flott zum Entleeren abtritt, ehe er sein Maxim's-Couplet trällert.

Düsseldorf kichert ein bisschen, später laut, als Schmidts Off-Stimme den Pausenclown macht und in WDR 4-Manier plaudert über Düsseldorfs Abgründe: Franjo Pooth, die Ohovens, Neureiche und Gichtige. Und nach drei Stunden ist es aus. Jubel fürs Ensemble, ein paar Buhs an die Macher. Harald lächelt müde. Die Schmidt-Show, die hier nie eine war, ist am Ende. Das ist eigentlich auch nicht neu.