Dortmund. . „Baden“ in der Natur ist mehr als nur Spazierengehen: Wer tief in den herbstlichen Wald eintaucht, fühlt sich wieder eins mit der Natur.
Rosa Maria Montana (41) sitzt im Lotussitz auf einem Baumstamm und atmet tief ein. Es riecht so gut, hier im Herbstwald in der Dortmunder Bittermark. Hoch oben rauschen die bunten Blätter, hin und wieder prallt eine Buchecker auf den Boden und lässt das Laub rascheln. Die Sonne schafft es nur selten durch das Blattwerk. Noch ist es dicht, aber jede Brise löst einen sanften Blattregen aus.
„Jetzt ist die schönste Zeit, um den Wald zu genießen“, findet Montana, die das Yoga-Studio „Soulyoga“ in der Dortmunder Innenstadt betreibt. „In der Stadt geht der Rhythmus der Natur an uns vorbei“, weiß sie. „Plötzlich ist Herbst, und ich frage mich, wie das so schnell passieren konnte.“
Deshalb liebt sie den Wald: Hier kann sie die Jahreszeiten am eigenen Körper erleben. Kann tief eintauchen, eins sein mit der Natur. Waldbaden eben. „Der Zyklus der Jahreszeiten steckt tief in uns, aber die Stadt lenkt davon ab. Sie hat ihren eigenen Rhythmus – und davon lassen wir uns anstecken. Dabei ist das gar nicht unser Tempo.“
Hier im Wald dagegen spüre man: Ich gehöre zum Kreislauf der Natur. Yoga-Lehrerin Montana bietet manchmal sogar Yoga-Kurse im Wald an. Dabei kann man sich besonders gut erden, sagt sie. Am liebsten ohne Matte direkt auf dem Waldboden. Schuhe? „Nein! Barfuß nehme ich die meisten Informationen darüber auf, wo ich gerade bin und wer ich bin. Ich bin dann ganz bei mir und lerne mich kennen.“
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Waldbaden geht natürlich auch ohne Yoga: Spazieren im Park reiche schon, um die urbane Hektik zu vertreiben, meint sie.
Aber am Ende gewinnt in ihrer Gunst der dichte Laubwald. Er duftet einfach besser und scheint die Geräusche der Stadt zu schlucken. Die Bittermark grenzt an die A45? Das spürt man kaum. Dafür spürt man sich selbst – und kann ganz tief eintauchen in die Natur.
>>> HINTERGRUND: Daher kommt Waldbaden
- In Japan gilt Waldbaden schon längst als Medizin. Es stärkt laut Forschern das Immunsystem und baut Stress ab. „Shin-rin-yoku“ wird sogar vom Gesundheitssystem des asiatischen Landes gefördert und ist ein wichtiger Teil von Anti-Stress-Therapien.
- Der Begriff wurde schon in den 80ern geprägt – heute gibt es sogar Institute und Studiengänge rund um die „Forest Therapy“.
- Yoshifumi Miyazaki hat mit einer Studie belegt, dass das Stresshormon Cortisol bei einem Waldspaziergang sinkt. Im Vergleich mit einem Stadtspaziergänger ist der Cortisolspiegel 12 Prozent niedriger. Auch Blutdruck und Herzfrequenz sind demnach beim Waldbaden niedriger.
- Yoga-Lehrerin Rosa Maria Montana rät, mit sich selbst einen Termin zum Waldbaden zu machen. Das klinge zwar unromantisch, meint sie, aber anders passe es oft nicht in den städtischen Alltag. Sich vorzunehmen, jeden Dienstagnachmittag einen langen Spaziergang zu machen, sei viel einfacher als „Ich müsste mal wieder raus“.