Hagen. . Vor der Frankfurter Buchmesse schlägt die Branche Alarm: Jeder vierte Deutsche liest keine Bücher mehr. Sind Netflix und Co. ein Grund dafür.

Der Schock ist groß. Im neuen Ikea-Katalog bevölkern Nippes die Bücherregale und keine Schmöker. Vorbei sind die Zeiten, da die Mustermann-Familien der Ikea-Werbeteams zwischen Stapeln von Romanen lebten. Dieser Wandel entspricht den Ergebnissen einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: Die Deutschen verlernen das Lesen.

Sechs Millionen Buchkäufer sind dem Land Goethes in nur fünf Jahren abhanden gekommen. Bei den Jüngeren ist die Abwanderung besonders auffällig. Die verschwundenen Leser sind ein großes Thema auf der Frankfurter Buchmesse, die am Dienstagabend eröffnet wird.

Netflix und Co. sind die neue Bücher-Konkurrenz

Dabei gilt das Lesen selbst als attraktiver denn je. Es wird mit Entschleunigung, mit Erfüllung verbunden. Nur: Die Muße dazu schwindet.

Denn die mediale Konkurrenz wächst. Smartphone und Internet fressen die Zeit, die früher für den Krimi übrig blieb. Vor allem digitale Serien-Angebote wie Netflix punkten mit neuer sozialer Relevanz. Man spricht über House of Cards und nicht mehr über den neuen Walser.

Jeder vierte Deutsche liest nicht mehr

Interessanterweise sind die Zahlen im Vergleich zum weiteren Einzelhandel immer noch gut. Es gibt halt nach wie vor Vielleser und Vielkäufer, die ausgleichen, dass jeder vierte Deutsche überhaupt kein Buch mehr in die Hand nimmt.

Dennoch ist die Branche alarmiert. Denn erstens sind diese Vielleser quasi eine aussterbende Art. Und zweitens hat sich das Freizeitverhalten so radikal geändert, dass selbst Leute, die von Büchern leben, keine Zeit mehr haben, sie zu lesen.Der Filialist Thalia startete daher jüngst eine aufwendige Kampagne, um das Lesen zurück unters deutsche Volk zu bringen.

Verschwundene Leser markiert wende

Der verschwundene Leser ist nicht nur ein ökonomisches Problem. Gesellschaftlich markiert er eine Wende. Seit der Erfindung der Druckerpresse sind von der Reformation bis zum Klimaschutz alle politischen Diskurse im Westen über das Medium des gedruckten Wortes geführt worden. Der soziale Zusammenhalt wird dadurch befestigt, dass man Bücherwissen wie die Zehn Gebote für verbindlich erklärt.

Wenn das Buch keine Stimme mehr hat, was wird dann aus der Demokratie? Eines steht bereits fest: Die Pressefreiheit war lange nicht mehr so bedroht wie heute.

Wie halten Sie es mit dem Lesen? Wir haben vier Persönlichkeiten aus Südwestfalen nach ihren Lesegewohnheiten und Buchtipps gefragt: Georg Spielmann von der Olper Buchhandlung Dreimann, Schwester Magdalena Krol, Generaloberin der Olper Franziskanerinnen, Matthias Berghoff vom Sunderner Festival "Kultur rockt" und Andrea Honickel von der Stadtbücherei Hagen. Lesen Sie hier ihre Antworten: