Bayreuth. . Heldenverehrung? Wagner-Puppenstube? Mitnichten. Das erweiterte Richard-Wagner-Museum in Bayreuth schafft den Spagat - und eröffnet Raum für kritische Auseinandersetzung mit dem großen Komponisten.
Bevor Richard Wagners Wähnen in seinem luxuriösen Bayreuther Domizil Frieden finden konnte, brachte ihm der Bau viel Ärger ein. Da geht es dem heutigen Leiter des Richard-Wagner-Museums, Dr. Sven Friedrich, nicht besser. Fünf Jahre war das Haus geschlossen, die Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten verzögerten sich um zwei Jahre, die Baukosten stiegen auf 20 Millionen Euro. Die Stadt als Eigentümer der Gebäude überzog Friedrich als Leiter des von der Wagner-Stiftung getragenen Museums mit Abmahnungen, die er gerichtlich abwehren will.
Gleichwohl: Derartige, Wagners eigener Biografie durchaus würdige Querelen sollen vergessen sein, wenn der zum Museumsareal erweiterte Alterssitz des Bayreuther Meisters in frischem Gewande am Sonntag offiziell dem Publikum übergeben wird.
Drei Komplexe umfasst das von einem Park mit den Gräbern Richard und Cosima Wagners sowie des Hundes Russ flankierte Gelände. Im Zentrum steht die Villa in ihrem Gründerzeitprunk, in der die Räume des Erdgeschosses, also der Salon, das Empfangs- und das Esszimmer, nach authentischen Fotografien soweit wie möglich in den Originalzustand versetzt wurden. Das gilt auch für die Malereien der aufwändigen Kuppel und die filigranen Wandtapeten, so dass Cosima Wagners „lila Zimmer“ in wirklich violettem Licht erscheinen kann.
Authentizität der Ausstellungsstücke
Von der oberen Etage sind keine verlässlichen Dokumente über den Urzustand erhalten, so dass sich Friedrich hier in recht nüchterner Umgebung mit Dokumenten aus dem Leben Wagners in Wahnfried begnügt. Die „Schatzkammer“ im Keller zeigt, aktuell zur Neuinszenierung des „Tristans“, sämtliche Autographe zur Entstehung des Werks aus Wagners Hand. Die Handschrift der Partitur ist wie auf einem Altar aufgebahrt, vor einer goldenen Büste des Meisters prangend. Die einzige sakrale Anwandlung in der ansonsten betont sachlichen Ausrichtung der Renovierungsphilosophie.
Friedrich legt Wert auf die Authentizität der Ausstellungsstücke, speziell der Möbel und Accessoires. Was zu sehen ist, ist original. Was nicht mehr vorhanden ist, wird durch leinenüberzogene Platzhalter angedeutet. So sieht mancher Raum aus, als wäre Wagner gerade auf Reisen.
Verknüpfung der Festspiele mit dem braunen Terror
Die Dokumente zur Aufführungsgeschichte der Bayreuther Festspiele werden in einem gläsernen Neubau optisch vorbildlich in diversen Vitrinen mit Kostümen, Bühnenbaumodellen und sogar dem „Parsifalklavier“ aus dem Jahre 1920 präsentiert. Das Obergeschoss ist für Wechselausstellungen vorgesehen. Derzeit ist dort die wechselvolle Geschichte der 1945 zerbombten und 1976 historisch zweifelhaft restaurierten Villa Wahnfried zu sehen. Titel: Wahnfried oder Ärgersheim?
Das „Siegfried-Wagner-Haus“, ein Anbau des einzigen Sohnes, war der zeitweise Wohnsitz seiner Witwe Winifred, die dort Adolf Hitler beherbergte. Geschmackvoll nüchterne Räume ohne Prunk, in denen Video-Installationen unaufdringlich, aber informativ die Verknüpfung der Festspiele mit dem braunen Terror thematisieren. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, was den Umgang Bayreuths mit seiner Geschichte angeht.
Museum mit Erlebniswert
Ein Café, ein Kino, ein Souvenir-Shop, Audio-Begleiter und eine Interaktionsbasis, in der die Partituren Wagners zum Klingen gebracht werden können, tragen zum Erlebniswert des Museums bei. Ob nach der Eröffnung tatsächlich Frieden in Wahnfried einkehren wird, das wird sich zeigen.