Versailles. Mit seinem Kunstwerk “Vagina der Königin“ handelt sich der Starkünstler Anish Kapoor in Versailles bei Paris Ärger ein. Der Protest reicht bis zu Boykott-Aufrufen der Ausstellung.
Boykott-Aufrufe, Petitionen, patriotische Wut: Mit solch heftigen Reaktionen auf seine Ausstellung am Schloss von Versailles hat Anish Kapoor wohl nicht gerechnet. Er habe zwar Protest erwartet, jedoch nicht in diesem Ausmaß, erklärte der 61 Jahre alte indisch-britische Bildhauer vor der Eröffnung seiner Ausstellung im Schlossgarten von Versailles.
Auslöser der Empörung ist sein Kunstwerk "Vagina der Königin", eine rund zehn Meter hohe Skulptur aus verrostetem Stahl mit einem riesigen Loch in der Mitte. Die Riesenplastik ist eines der sechs monumentalen Werke Kapoors, die von Dienstag an (9.6.) bis zum 1. November in Versailles zu sehen sein sollen.
Jeder dürfe darin sehen, was er wolle, reagierte Kapoor auf den Protest. Polemiken auszulösen, gehöre wohl zur Arbeit eines Künstlers dazu, rechtfertigte sich der 61-Jährige auf Pressekonferenz in Versailles, die vor der Eröffnung anberaumt worden war. Es sind Erklärungen, die den Zorn bislang kaum beschwichtigen konnten.
Die Vereinigung CitizenGo ruft in einer Online-Petition dazu auf, die Skulpturen des Künstlers abzubauen: Sie entstellten mit ihrem "sexuellen Charakter" den Ort Versailles.
"Schande" und "Provokation"
"Diese Installationen und vor allem "Die Vagina der Königin" empören zahlreiche Franzosen und Liebhaber von Versailles, für die die kulturellen Werte Frankreichs, sein historisches Kulturerbe und die Würde der Frau von Bedeutung sind", steht auf der Website. CitizenGo definiert sich als eine Vereinigung von Bürgern zur Verteidigung christlich-humanistischer Prinzipien.
Die Protestwelle ausgelöst hat ein Interview des Künstlers in der französischen Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche". Darin bezeichnete er die Arbeit inmitten von 500 Tonnen Steinblöcken aus Belgien als "Vagina der Königin, die die Macht ergreift".
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Reaktionen rechter und patriotischer Blogs und Internetportale wie "oullins-patriote.com" ließen nicht lange auf sich warten. Begriffe wie "Schande" oder "Provokation" mehrten sich seitdem. Einige riefen sogar zum Boykott der Ausstellung auf.
Kapoor spielt in seinen Arbeiten mit ganz unterschiedlichen Materialien und Bezügen. Anspielungen auf den über 300 Jahre alten Spiegelsaal von Versailles sind die Werke "C-Curve" und "Sky Mirror", in denen sich das Schloss und die Besucher verkehrt herum widerspiegeln.
Die Kunst-Kanone "Shooting Into The Corner", die schon in Berlin im Martin-Gropius-Bau vor zwei Jahren Wachs in eine Raumecke feuerte, steht in der Ballsporthalle Jeu de Paume, einem symbolträchtigen Ort.
Nach Lesart vieler Historiker begann hier 1789 die Souveränität des französischen Volkes. Der 20. Juni 1789, als es hier zum Ballhausschwur der Vertreter des Dritten Standes in den Generalständen kam, gilt manchen als wichtigeres Datum der Französischen Revolution als der Sturm auf die Bastille vom 14. Juli.
Auch der Amerikaner Jeff Koons provozierte in Versailles
Kapoor ist aber nicht der erste Künstler, der mit Werken in Versailles die Gemüter bewegt. Der Amerikaner Jeff Koons löste mit seinen aufgeblasen wirkenden Figuren im Jahr 2008 in den Königlichen Appartements ebenfalls Proteste aus.
In der französischen Sonntagszeitung "JDD" sagte Kapoor, seine Skulpturen sollten das geometrische Gleichgewicht des Barockgartens von André Le Nôtre stören: "Ich wollte das Chaos einladen." Das scheint ihm ein bisschen gelungen zu sein. (dpa)