Dorsten.. Schaurig? Oder schön? In Dorsten tagt der Dracula-Kongress und der Höhepunkt dieses Kongresses ist der Tanz der Vampire. Schaurige Phänomenen kam der als „Maden-Doktor“ bekannte Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke recht wissenschaftlich im Rahmen des Kongresses auf die Spur. Eine Stadt steht im Mythos des Untoten.
Ein friedlicher Abend in Dorsten. Aber das Unheil schleicht um die alte Stadtwaage: Merkwürdige Gestalten huschen im Schutz der Dämmerung unter den Arkaden in das ehrwürdige Gemäuer. Blasse Haut, schwarze Umhänge bei den Männern, opulente Kleider bei den Frauen: Da treffen sich Sonderlinge in Dorstens Vorzeige-Immobilie am Markt.
Mythos des Untoten
In unserer alten Stadt tagt der Dracula-Kongress und der Höhepunkt dieses Kongresses ist der Tanz der Vampire. Ist dieser Kongress ein Theater von etwas durchgebrannten Zeitgenossen, die nach Feierabend das Märchen vom untoten Blutsauger leben? Weit gefehlt. Eher weltlich geht es zu, bei diesem Kongress, der nur ein Treffen der Freunde des Mythos Dracula ist. „Wer von uns sucht nicht einfach mal gerne eine Nische im Alltagsleben? Unsere Nische ist der Dracula-Mythos. Ich kann ganz sicher behaupten, dass niemand von uns glaubt, ein Vampir zu sein. Die Mehrheit von uns kann auch kein Blut sehen. Wenn wir Blut trinken, dann geschieht das in Form von Johannisbeer-Schnaps mit Ingwer“, sagt Fritz L. Brüggemann aus Essen-Borbeck. Der hochgewachsene Mann ist blass geschminkt und wirkt schon etwas gruselig. Eine Ähnlichkeit mit dem legendären Dracula-Darsteller Christopher Lee ist durchaus gewollt. Dieser Dracula-Kongress ist eigentlich nichts anderes als ein Treffen von Menschen, die sich mit fast wissenschaftlicher Akribie dem Thema widmen, das ein gewisser Bram Stoker in seinem Roman unsterblich machte. Sascha Bulheller, Organisator dieses Kongresses, weiß allerdings, dass der Mythos des Untoten viel älter ist als dieser Roman.
So wie immer im Leben, ist es das Unbekannte, das Furcht und Schrecken verbreitet. Die Mär vom Blutsauger ist bestens dazu geeignet, dem Menschen das Gruseln zu lehren. „Es waren Beobachtungen an Leichen, die Spekulationen vom Leben nach dem Leben befeuerten“, so Brüggemann. Schaurige Phänomene, denen der als „Maden-Doktor“ bekannte Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke recht wissenschaftlich im Rahmen des Kongresses auf die Spur kam. Seine Ausführungen waren nicht immer appetitlich und die gereichten Schnittchen blieben etlichen der 36 Kongressteilnehmer im Halse stecken. Harmloser, wenn gleich auch historisch belegte Schauer des Gruselns, jagten die Ausführungen des Historikers und Mythenforschers Dr. Hans Meurer über die Rücken der Gäste. Was wusste Bram Stoker vor über 100 Jahren über den transsilvanischen Woiwoden Draculea? Fakt ist, dass der Adelsmann kein Blut trank, sondern mit recht blutigen Methoden für Ordnung in den Karparten sorgte. Wenn diese Ausführungen einem der Kongressteilnehmer zu anstrengend wurden: Ein mit rotem Plüsch ausgekleideter Sarg lud zu einem recht irdischen Nickerchen ein. Neue Schauergeschichten vom Dracula-Erfolgsautor Wolfgang Hohlbein, eindrucksvolle Filmplakate aus der Sammlung von Sascha Bulheller und die interessanten Ausführungen der Autorin Ulrike Wyche zu der Person des Barm Stokers begeisterten die Kongressteilnehmer. Und am Abend tanzte der Kongress im dämmernden Licht der alten Stadtwaage. Die Tür zum Kellergewölbe war geöffnet, doch Fritz L. Brüggemann erblickte keinen Untoten aus der Dorstener Geschichte. Gut zu wissen, dass dort keine Ungeister spuken, sondern fröhliche Individualisten ihrem skurrilen Hobby frönten.