Schalksmühle. Bürgerliche Küche statt Bordell? Die Eigentümer des Gebäudes Kuhlenhagen 1in Schalksmühle haben den Pachtvertrag des Golden House gekündigt. Der verabredete Verkauf an die Betreiberin Mariana Simion ist vom Tisch.
„Nach reiflicher Überlegung sind unsere Mandanten jetzt zu dem Schluss gekommen, das Objekt (...) an Interessenten, die eine andere Form der Nutzung beabsichtigen“ zu verkaufen, heißt es in einem Schreiben der Anwälte der Eigentümer. In drei Monaten soll für das Etablissement Schluss sein.
Mit dem Zeigefinger schlägt Mariana Simion auf den Tisch. „Für mich ist noch lange nicht Schluss“, sagt sie. Vor ihr liegt das Schreiben des Anwaltes von Manfred Berker und Monique Junker, denen das ehemalige Steinbeisser-Gebäude in Kuhlenhagen gehört. Darin wird ihr die Kündigung mitgeteilt. Für Simion steht damit nicht nur die berufliche, sondern auch die private Existenz auf dem Spiel.
Es war Liebe auf den ersten Blick
Im März 2012 besichtigte Mariana Simion zum ersten Mal das Gebäude in Kuhlenhagen. Es war für sie Liebe auf den ersten Blick. Abgelegen. Groß. Stilvoll. Nach langem Hin und Her, in denen Vertragdetails, Konzessionen und Co. geregelt werden mussten, stand fest, dass Mariana Simion das Gebäude für einen Erotik-Club und Begleitservice nutzen kann. Am 15. November schlossen die Immobilienbesitzer mit Simion einen Pachtvertrag – dieser sollte spätestens bis zum 15. Dezember durch einen Kaufvertrag ersetzt werden.
„Sie haben zugesagt, einen entsprechenden Vertrag entwerfen zu lassen. Nach Ihren eigenen Ausführungen war es nicht möglich, bis zum 15. Dezember einen solchen Vertrag formulieren zu lassen. Das Pachtverhältnis wurde aus diesem Grunde am 8. Dezember bis einschließlich 30. Januar unter sonstigen Aufrechterhaltung der Vereinbarungen vom 15. November verlängert“, schrieb der Anwalt von Simion, Christoph Brüggemann, an die Eigentümer. Doch einen Kaufvertrag legten Berker und Junker nicht vor. Stattdessen kam nun die Kündigung – zum 30. April.
Betreiberin des Bordells ist schockiert
Die Betreiberin des Bordells ist schockiert. Denn: Sie hat sich auf die Absprachen verlassen. Ihre Wohnung gekündigt und die ehemalige Wohnung des Restaurantbetreibers bezogen. Da Mariana Simion das Gebäude kaufen wollte, investierte sie Geld im fünfstelligen Bereich für Umbau und Deko. „Essentials des Kaufvertrages waren abgesprochen. Der Kaufpreis sollte 320 000 Euro betragen“, heißt es in den Unterlagen.
Die ersten zwei Monate liefen nach Aussagen von Mariana Simion sehr gut. Viele Schalksmühler und Heedfelder gehören nach ihren Aussagen zu den Kunden des Hauses. Inzwischen arbeiten in Kuhlenhagen sechs Frauen. Andrea, Daniela, Delia, Maria, Nadia und Roxanna verdienen im Golden House als Prostituierte ihren Lebensunterhalt – oder einen Teil dessen. In wechselnder Belegung sind bis zu drei Frauen zeitgleich im Haus.
Widerstand in der Bevölkerung gegen Bordell in Kuhlenhagen
Nun befürchtet Simion, dass sie von Anfang an nur eine Option war – der Spatz in der Hand. Während versucht worden sei, mit der anderen Hand nach der Taube zu greifen. Denn: Nach der Veröffentlichung, dass ein Bordell in Kuhlenhagen eröffnet wird, begann eine öffentliche Diskussion innerhalb der Bevölkerung. Finanzkräftige Bürger schlossen sich in einer Interessengemeinschaft zusammen, um das Gebäude zu kaufen. Simion befürchtet, dass sie und ihr Etablissement dazu benutzt worden ist, den Preis in die Höhe zu treiben.
Kommunalpolitiker waren gegen den Verkauf des Objekts
In dem Schreiben der Anwälte wird als Grund genannt, dass Kommunalpolitiker und diverse Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Schalksmühle mit dem eindringlichen Wunsch an die Eigentümer herangetreten seien, „das Objekt nicht für diesen Zweck zu verkaufen“. „Ausschlaggebend für unsere Mandanten, diesem Wunsch nachzugehen, war dann letztlich der Plan der Gemeinde, in unmittelbarer Nähe des Objekts eine neue Sportanlage in der Form eines Kunstrasenplatzes zu erstellen, nachdem zunächst andere Standorte im Gespräch gewesen waren.“
Bürgermeister Jörg Schönenberg steht in Kontakt zu der Interessengemeinschaft. Der, konfrontiert mit den uns vorliegenden Unterlagen, keine Stellung beziehen wollte: „Ich werde mich dazu nicht äußern. Wenn alles konkret vorliegt und die Verträge zu 100 Prozent abgeschlossen sind, werde ich das tun. So lange werde ich mich nicht an irgendwelchen Spekulationen beteiligen“, sagte Schönenberg.
Aus Bordell soll wieder ein Restaurant werden
Einen Stand zum Fortschritt der Verhandlungen wollte er auch nicht nennen.Nach Informationen eines Zeitunghauses wollen mehrere finanzkräftige Bürger gemeinsam das Gebäude kaufen und das Bordell wieder in ein Restaurant verwandeln. Der Gastronom soll die Besucher dann mit einer bürgerlichen Küche verwöhnen. Die Wirtschaft soll als Domizil für Siedler, Vereine und Co. dienen.