Washington.. Osama bin Laden ist tot. Die USA hätten den Chef des Terrornetzwerks El Kaida am Sonntag bei einer Kommandooperation in Pakistan getötet, sagte US-Präsident Obama. Der Leichnam bin Ladens ist unterdessen auf See bestattet worden.
Fast zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 haben die USA den Gründer und Chef des Terrornetzwerks El Kaida, Osama bin Laden, getötet. Der Drahtzieher der Angriffe auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington mit fast 3000 Toten sei am Sonntag (1. Mai) bei einer Kommandoaktion in Pakistan ums Leben gekommen, teilte US-Präsident Barack Obama in einer Ansprache mit. "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan."
Obama sagte, er habe den geheimen Einsatz angeordnet. "Ein kleines Team von Amerikanern hat die Operation mit außergewöhnlichem Mut und Fähigkeiten ausgeführt", sagte Obama. Auf einem Gelände in Pakistan sei bin Laden nach einem Schusswechsel getötet worden, anschließend hätten die US-Kräfte die Leiche des El-Kaida-Chefs an sich genommen. "Kein Amerikaner ist zu Schaden gekommen", sagte Obama. Die Kommadoeinheit habe sich bemüht, zivile Opfer zu vermeiden. Ein Vertreter der pakistanischen Sicherheitsbehörden bestätigte den Tod bin Ladens, ohne Details seiner Tötung zu nennen.
Bin Laden soll auf See bestattet worden sein
Der Leichnam des getöteten El-Kaida-Führers Osama bin Laden ist unterdessen auf See bestattet worden. Dies verlautete am Montag aus US-Regierungskreisen. Genauere Angaben zum Ort wurden nicht gemacht. Zuvor hatten Regierungsbeamte erklärt, der Leichnam werde gemäß der islamischen Tradition behandelt. Demnach müsse der Tote innerhalb von 24 Stunden beigesetzt werden.
Ein Regierungsbeamter, der nicht genannt werden wollte, sagte, es wäre schwierig geworden, ein Land zu finden, das zur Aufnahme der sterblichen Überreste des weltweit meistgesuchten Terroristen bereit gewesen wäre. Die USA hätten sich daher für eine Bestattung auf See entschieden.
Erste Hinweise im August
Erste Hinweise auf den Aufenthaltsort Bin Ladens habe es im vergangenen August gegeben, hatte Obama in seiner Ansprache am Sonntagabend erklärt. Der Gründer und Chef von El Kaida war in Verstecken in Pakistan und Afghanistan vermutet worden, die weltweite Fahndung nach ihm war aber über Jahre erfolgslos geblieben.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang habe bin Laden "Angriffe gegen unser Land und unsere Freunde und Verbündeten" geplant, sagt Obama. "Der Tod bin Ladens markiert die bislang bedeutenste Errungenschaft in den Bemühungen unserer Nation, El Kaida zu besiegen. Sein Tod markiert aber nicht das Ende unserer Bemühungen." Der Präsident warnte, dass El Kaida weitere Angriffe vorbereiten werde. Daran gebe es "keinen Zweifel", sagte Obama. "Wir müssen und wir werden zu Hause und im Ausland wachsam bleiben."
Hunderte Menschen feiern Osama bin Ladens Tod vor dem Weißem Haus
Vor dem Weißen Haus haben hunderte Menschen den Tod von El-Kaida-Chef Osama bin Laden gefeiert. Die euphorische Menge versammelte sich am Sonntagabend im Herzen Washingtons und skandierte "USA, USA", wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Auch die US-Nationalhymne wurde angestimmt. Einige Menschen schwenkten US-Flaggen.
Die US-Spezialkräfte kamen im Schutz der Dunkelheit, um das Versteck von El-Kaida-Chef Osama bin Laden zu stürmen. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Washington landete eine "kleine Einheit" in der Nacht zum Sonntag mit zwei Hubschraubern auf einem abgeschirmten Anwesen in Abbottabad, rund 50 Kilometer nördlich der Hauptstadt Islamabad. Etwa 40 Minuten dauerte die riskante Kommandoaktion, bei der der meistgesuchte Terrorist der Welt getötet wurde. Der TV-Sender CNN berichtete, dass bin Laden durch einen Kopfschuss gestorben sei.
Bin Laden versteckte sich nicht, wie oft vermutet, in einer Höhle im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet vor den USA, die Bin Laden seit den Anschlägen vom 11. September 2001 weltweit jagten. Er verschanzte sich nach US-Angaben hinter hohen Mauern und Stacheldraht in einer herrschaftlichen Residenz. Der Komplex sei vor fünf Jahren errichtet worden. Im Spätsommer 2010 habe es erste Hinweise darauf gegeben, dass sich Bin Laden hier aufhalten könnte. Auf die Spur kamen die US-Geheimdienste dem El-Kaida-Chef demnach über einen Boten, den sie bereits seit einiger Zeit überwachten.
Leiche bin Ladens durch DNA-Test identifiziert
Bei der Kommandoaktion wurden neben Bin Laden drei weitere Männer und eine Frau getötet. Bei den Männern habe es sich offenbar um einen Sohn bin Ladens sowie zwei Boten gehandelt. Die Frau sei erschossen worden, als einer der Männer hinter ihr in Deckung gegangen sei. Außerdem seien zwei weitere Frauen verletzt worden. "Das war ein besonders gefährlicher Einsatz", sagte ein ranghoher US-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Mehrere Frauen und Kinder hätten sich zum Zeitpunkt des Zugriffs in dem Anwesen befunden.
Die US-Spezialkräfte blieben unverletzt. Allerdings sei einer der beiden Helikopter wegen einer "mechanischen Panne" ausgefallen und deshalb zerstört worden, hieß es. Beim Rückzug habe die gesamte Einheit mit dem verbleibenden Hubschrauber ausgeflogen werden müssen - samt der Leiche bin Ladens, die durch einen DNA-Test identifiziert wurde. Die US-Regierung gab zunächst nicht bekannt, welche Spezialkräfte genau den Einsatz ausführten. Der TV-Sender ABC berichtete allerdings, es habe sich um rund 25 Soldaten der Eliteinheit Navy Seals gehandelt.
Angebliches Foto des getöteten Bin Laden war gefälscht
Ein von pakistanischen Fernsehsendern verbreitetes angebliches Foto des getöteten El-Kaida-Chefs Osama bin Laden war eine Montage. Das Bild, das angeblich das verstümmelte Gesicht von Bin Ladens Leiche zeigt, sei eine Fälschung gewesen, die bereits 2009 im Internet kursierte, sagte Rana Jawad vom privaten pakistanischen Fernsehsender Geo am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Nachdem der Fehler bei einer Kontrolle auffiel, wurde es zurückgezogen.
Mehrere andere Privatsender hatten das angebliche Bild von Bin Ladens Leiche nach seiner Tötung durch ein US-Kommando in der nordpakistanischen Stadt Abbottabad ebenfalls gesendet. Es zeigt ein verstümmeltes Gesicht mit dichtem, schwarzen Bart und Blut auf Stirn und Schläfen. Das eine Auge ist geschlossen, bei dem ist anderen das Weiß des Augapfels zu sehen. Der Bart ist dunkler als auf den jüngsten Aufnahmen Bin Ladens, auf denen er viele graue und weiße Barthaare hatte. Offenbar basiert die Montage auf einem früheren Bild des El-Kaida-Führers.
Polizeigewerkschaft: Terrorgefahr nicht gebannt
Nach der Tötung von El-Kaida-Chef Osama Bin Laden sieht die Polizei in Deutschland keinen Anlass, die Sicherheitsmaßnahmen herunterzufahren. Es sei weiter "höchste Wachsamkeit" geboten, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, am Montag in Berlin. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die verschiedenen Terrornetzwerke den Tod Bin Ladens rächen wollen", gab Witthaut zu bedenken. Deshalb bräuchten die deutschen Sicherheitsbehörden jede politische und gesetzliche Unterstützung, um ihre Arbeit für die Sicherheit der Bürger leisten zu können.
"Der Tod Osama Bin Ladens wird die Terrorgefahr für Deutschland nicht entschärfen. Das zeigen die Hintergründe der jüngsten Festnahmen des Bundeskriminalamtes", sagte der GdP-Vorsitzende weiter. Das ursprünglich von Bin Laden begründete Terrornetz funktioniere seit langem dezentral. Aktionsfähige Gruppen gebe es in vielen Ländern.
Linke fordert weiter Truppenabzug
Ähnlich wie der Gewerkschafter äußerte sich Linke-Parteichef Klaus Ernst. Zwar sei die Tötung Bin Ladens ein "moralischer Sieg", sagte Ernst im ZDF-"Morgenmagazin". "Dadurch ist nicht die Gefahr gebannt", fügte er hinzu. Zugleich bekräftigte Ernst die Forderung seiner Partei nach Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan. Durch deren Anwesenheit sei die Lage für die Menschen dort nicht besser, sondern schlechter geworden.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete den Tod Bin Ladens als "Balsam" auf der Wunde der US-Amerikaner. Er gebe den vielen Nationen Auftrieb, die in den vergangenen zehn Jahren geschlossen im Kampf gegen den Terror zusammengestanden hätten, sagte sie am Montag im Deutschlandfunk.
Weiter Streit um Anti-Terror-Gesetz
Polizeigewerkschafter Witthaut forderte zugleich eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze, die Ende 2011 auslaufen. Die FDP will diese nicht pauschal verlängern. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte am Sonntagabend in der ARD: "Es wird mit Sicherheit keine pauschale Verlängerung dieser Anti-Terror-Gesetze geben. Wir müssen dort jede einzelne Maßnahme uns mal anschauen." Es gebe Maßnahmen, die hätten sich bewährt und es gebe Maßnahmen, die seien nie angewendet worden.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erneuerte unterdessen seine Forderung nach einer Verlängerung der Gesetze, signalisierte aber zugleich Kompromissbereitschaft gegenüber der FDP. "Zwei externe Gutachter haben die bestehenden Anti-Terror-Gesetze geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen: Das Gros der Vorschriften ist sinnvoll und wird von den Behörden maßvoll eingesetzt", sagte der CSU-Politiker der "Financial Times Deutschland". (afp/dapd)