Essen. Tierschützer laufen Sturm, weil Hermès in Australien eine Krokodilfarm eröffnet – auch um Victoria Beckham weiterhin schnell mit der sündhaft teuren Birkin Bag beliefern zu können.

Ohne eine sündhaft teure „Birkin Bag” geht in manchen Kreisen nichts. Victoria Beckham noch nicht einmal vor die Tür. Jetzt wird die Taschen-Sucht dem Ex-Spice-Girl zum Verhängnis: Weil der französische Nobel-Designer Hermès mit der Produktion nicht nachkommt, plant er in Australien eine eigene Krokodilfarm aufzumachen. Das treibt die Tierschützer auf die Barrikaden.

Sie laufen Sturm gegen die Pläne, versuchen die Stil-Ikone Beckham, die verantwortlich gemacht wird für den Boom, zum Verzicht zu animieren. Laut einer amerikanischen Finanzwebseite soll die Fußballer-Gattin dem Luxus-Leder-Hersteller Hermès allein durch ihre Taschen-Liebe bis zu 1,7 Millionen Euro in die Kassen gespült haben. Für etwa 100 „Birkins”, die bis zu 48 000 Euro pro Stück kosten können.

„Wir haben Frau Beckham, die bisher wegen ihres Pelzverzichts als tierlieb galt, Videos von den grauenvollen Verschlägen auf den Krokodilfarmen geschickt”, sagt Tanja Wiemann, bei der Tierschutzorganisation Peta Kampagnen-Leiterin „Tiere in der Bekleidungsindustrie”. Die Tiere hätten in ihren Käfigen keine Möglichkeit, sich auch nur umzudrehen.

„Die Nachfrage nach der Birkin-Bag ist riesig”, bestätigt Hermès-Chef Patrick Thomas. Bis zu 3000 Krokodiltaschen fertigt das Unternehmen pro Jahr. Bisher habe Hermès auf einer der größten Krokodilfarmen der Welt in der Nähe der australischen Stadt Darwin das Leder gekauft, wo bis zu 50 000 Echsen in ihren Käfigen auf ihren Tod warten. Mit zwei Jahren oder wenn sie eine Größe von zwei Metern erreicht haben, werden die Tiere geschlachtet. Durchschnittlich drei Leistenkrokodile müssen für eine Hermès-Tasche ihr Leben lassen. Denn für die noblen Accessoires werden nur die besten, biss- weil narbenfreien Bauchleder verarbeitet.

Den neuen Run auf die Nobelprodukte kennt auch der Bund für Naturschutz (BfN). „Handtaschen sind Luxusartikel. Sie sind trotz Wirtschaftskrise in ihrem Klientelbereich gefragt”, sagt Karin Hornig, Fachgebietsleiterin „Häute” beim BfN. Die Statistiken belegen das: Von 1997 stieg die Zahl weltweit von knapp unter einer Million gehandelter Krokodilhäute auf etwa 1,5 Millionen in diesem Jahr.

Der Ex- und Import dieser Leder ist legal. Denn gerade die Farmen haben in Australien auch zum Überleben der Urechsen beigetragen. 1971 wurden die Leistenkrokodile, die vom Aussterben bedroht waren, unter Naturschutz gestellt.

Acht Jahre später gab es wieder so viele Krokodile auf dem fünften Kontinent, dass es zu Übergriffen auf Menschen kam. Diese eröffneten erneut die Jagd auf die Reptilien. Gesucht wurde ein Kompromiss, der letztendlich Krokodilfarm hieß. Die Farmer sammeln die Eier aus den Nestern, liefern sie in der Zuchtstation ab. So bleibt die freilebende Population begrenzt, und die geschlüpften Räuber werden zu Nutztieren.

Wie das Dasein dieser Kreaturen bis zu ihrem gewaltsamen Tod in Down Under aussieht, interessiert im fernen Europa kaum jemanden. „Der Tierschutz wird nicht überprüft”, erklärt Karin Hornig. Ähnlich argumentiert der WWF. „Wir wissen, dass die Standards in anderen Ländern nicht denen in Europa entsprechen”, erklärt ein Sprecher. Ziel des WWF sei es, dass die Tiere nicht von der Erde verschwinden. Dafür sorgt Hermès jetzt ja auch: Der Luxus-Designer züchtet in Australien eigene Süßwasserkrokodile. In Einzelboxen, „damit sie nicht gebissen werden können”, so Patrick Thomas.