Essen. Es hämmert, dröhnt und pocht, zieht oder drückt. Kopfschmerzen gelten als Volkskrankheit: Fast jeder hat sie auf die ein oder andere Weise schon erlebt. Wir erklären die gängigsten der 250 verschiedenen Kopfschmerz-Arten und deren Behandlung.

Es hämmert, dröhnt und pocht, zieht oder drückt. Kopfschmerzen gelten als "Volkskrankheit": Fast jeder hat sie auf die ein oder andere Weise schon erlebt. Sie machen uns hilflos, wissen wir doch oft nicht, wo sie herkommen und wie wir sie ohne Schmerzmittel schnell wieder loswerden.

Am weitesten verbreitet sind Spannungskopfschmerzen: Etwa 80 Prozent der Bevölkerung kennen sie aus eigener Erfahrung. So lästig sie sind – oft teilt der Körper uns durch sie mit, dass ihm etwas fehlt: Flüssigkeit, Sauerstoff, Schlaf, Ruhe. "Meist hilft schon ein Spaziergang an der frischen Luft", sagt die Leiterin des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums Dr. Dagny Holle.

In seltenen Fällen chronifiziert der Schmerz jedoch. Das bedeutet, dass er an mindestens 15 Tagen eines Monats auftritt und sich nicht einfach mit frischer Luft verjagen lässt. Betroffene berichten von drückenden Schmerzen im ganzen Kopf, die sich manchmal "wie ein Helm" anfühlen. Von der Migräne unterscheiden sie sich hauptsächlich dadurch, dass sie nicht mit einer Licht- und Lärmempfindlichkeit einhergehen. Als Ursache vermuten Mediziner eine Fehlsteuerung im Gehirn. "Diese Kopfschmerzen sind relativ schwer zu behandeln", sagt die Expertin. Sport könne helfen, ebenso wie bestimmte Spezialmedikamente. Manche Mediziner empfehlen auch Akupunktur – eine Wirksamkeit sei hier aber bisher nicht bewiesen, so Dagny Holle.

"Diese Kopfschmerzen sind relativ schwer zu behandeln"

Häufiger als der chronische Spannungskopfschmerz ist die Migräne, von der etwa 17 Prozent der Frauen und sechs bis sieben Prozent der Männer betroffen sind. Sie entsteht, wenn die Schmerzverarbeitung im Gehirn nicht funktioniert, es eingehende Reize nicht gut filtern kann. "Im Prinzip ist das wie ein Softwareproblem im Gehirn", sagt Dagny Holle. Bei Migränepatienten spielt auch die genetische Disposition eine Rolle, wobei die Erkrankung auch einzelne Generationen überspringen kann. Viele Patienten wissen, was ihre Attacken auslöst: mal ein Glas Rotwein, mal ein Lebensmittel oder das enthaltene Glutamat – wobei es dazu bisher keine ausreichenden Daten gebe.

Typisch sind Lärm- und Lichtempfindlichkeit, sowie Übelkeit. Diese ist besonders bei betroffenen Kindern stark ausgeprägt. Schon Fünf- oder Sechsjährige könnten Migräne bekommen, sagt Holle. Die Attacken sind kürzer als bei Erwachsenen und oft mit starken Bauchschmerzen und Erbrechen verbunden. Meist tritt Migräne aber erst während der Pubertät oder einer Hormonumstellung, etwa nach der ersten Schwangerschaft, auf.

Am wichtigsten seien sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern nicht-medikamentöse Maßnahmen. Die Migräne verstärkt sich zwar bei unmittelbarer körperlicher Anstrengung, bei der Vorbeugung jedoch kann Ausdauersport helfen. "Man darf aber nicht zu schnell Erfolge erwarten", erklärt die Medizinerin. Bis eine Besserung eintrete, könne es etwa drei bis sechs Monate dauern. Ebenfalls bei der Vermeidung von Attacken helfen könnten ein regelmäßiger Tagesrhythmus und Entspannungsverfahren: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga oder autogenes Training, so Holle. So gesehen habe man selbst "großen Einfluss darauf, wie oft man Migräne hat".

Magnesium in hohen Dosen verschiebt die Schmerzschwelle nach oben

Wenn die genannten Methoden nicht ausreichen, empfiehlt die Medizinerin Migränepatienten hochdosiertes Magnesium, etwa 600 mg am Tag. "Das verschiebt die Schmerzschwelle nach oben." Allerdings braucht auch diese Therapie Zeit: Bis ein nachhaltiger Effekt zu spüren ist, können bis zu acht Wochen vergehen. Stärkere Medikamente werden eingesetzt, wenn alles andere keine Besserung bringt.

Mit extrem starken Schmerzen verbunden sind die sogenannten Cluster-Kopfschmerzen – diese wurden früher auch als "Suizid-Kopfschmerzen" bezeichnet. "Menschen haben sich tatsächlich deswegen umgebracht", erklärt Holle. Zu den Attacken, unter denen mehr Männer als Frauen leiden und die meist erst ab dem 40. Lebensjahr auftreten, kommt es sowohl am Tag als auch nachts, manchmal drei Monate lang am Stück, dann eine Zeit lang nicht, und dann wieder.

Über die Ursache weiß die Wissenschaft nichts Genaues. Klar ist aber, dass Raucher überdurchschnittlich oft betroffen sind. Glücklicherweise lässt sich diese Schmerzart heute besser behandeln als früher: "Als Akutmittel verwendet man hochdosierten Sauerstoff", erklärt die Expertin. "Auch Cortison oder ein bestimmtes Herzmedikament kommen hier zum Einsatz."

Ein Kopfschmerz, der vorwiegend bei Menschen über 50 auftritt, ist der "Hypnic Headache", der schlafgebundene Kopfschmerz. Er tritt immer nachts um die gleiche Uhrzeit auf – wenn die Betroffenen aufstehen und herumlaufen, lässt er nach. Auch Koffein könne helfen, so Holle, "am besten sollten Betroffene abends oder nachts eine Tasse starken Kaffee trinken".

Damit ist die Aufzählung noch lange nicht beendet: "Es gibt etwa 250 verschiedene Kopfschmerzarten", sagt die Medizinerin. Und viele mögliche Ursachen. Auch eine Sehschwäche oder eine Fehlbelastung im Kiefergelenk können den Schmerz auslösen. Fest steht für Dagny Holle allerdings: "Normale Kopfschmerzen", wie Patienten es oft ausdrückten, gebe es nicht: "Normal ist: keine Schmerzen."