Essen. Glutenfreie Ernährung löst den Vegan-Trend der vergangenen Jahre ab. Immer mehr Menschen verzichten auf Gluten im Essen, obwohl sie kerngesund sind. Experten nennen das “sinnlos und teuer“. Die Lebensmittelindustrie reagiert ebenfalls darauf – mit irrwitzigen Methoden.
Glutenfreie Lebensmittel sind der Renner, wenn es um alternative Ernährung geht. Promis wie Gwyneth Paltrow oder Miley Cyrus halten gar eine strenge Gluten-Diät. Um abzunehmen verzichten sie auf das sogenannte Klebereiweiß. Diesem Trend folgen auch hierzulande immer mehr Menschen, wie die Ernährungsforscherin Prof. Dr. Walburga Dieterich von der Universität Erlangen feststellt. "Der Trend zur glutenfreien Ernährung kommt aus den USA zunehmend zu uns herüber", sagt die Biologin. Glaubt man Ernährungsexperten ist der Verzicht auf Gluten für gesunde Menschen jedoch vollkommen sinnlos.
Denn auf das Eiweiß, welches in Getreide wie Weizen, Dinkel oder Roggen enthalten ist, müssen nur die verzichten, die Gluten im Körper nicht verarbeiten können. Zöliakie ist der Fachbegriff für die Gluten-Unverträglichkeit. Daran leiden laut der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG) rund 400.000 Menschen bundesweit. Essen sie glutenhaltig, bekommen Betroffene Magen-Darm-Probleme.
"Es ist sinnlos und teuer"
Für alle anderen gilt: Glutenfreie Ernährung schadet nicht, allerdings „hilft es gesunden Menschen auch nicht“, erklärt Maria Boumezag von der DZG. „Es ist einfach sinnlos und teuer“.
Einige Supermarktketten zeichnen Produkte wie Müsli, Brot, Süßigkeiten oder Nudeln mit dem Siegel „glutenfrei“ aus. Solche Waren werden dann zu einem deutlich höheren Preis verkauft, als Produkte ohne spezielles Label. Ganz offensiv wirbt zum Beispiel Rewe für Glutenfreies. Mit dem Label „frei von“ vertreibt der Händler Waren, die entweder keine Lactose oder kein Gluten enthalten oder gleich frei von beidem sind.
Irreführende Werbung
„Das ist gut für Betroffene, die sich nicht anders ernähren können“, bewertet Antje Gahl, Ernährungswissenschaftlerin und Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), den Vormarsch der glutenfreien Produkte in Supermärkten. Es erleichtere den Einkauf für Zöliakie-Patienten und Gluten-Sensitive. „Allerdings“, so Gahl weiter, „sollte daraus keine irreführende Werbung entstehen“.
Durch Verpackungsaufschriften wie „ohne Konservierungsstoffe, ohne Gluten“ wird suggeriert, dass es gesund sei, kein Gluten zu sich zu nehmen. Auch Produkte wie Wurst als glutenfrei zu beschriften ist irreführend. Wurst enthält naturgemäß kein Klebereiweiß. „Das ist nicht im Sinne des Verbrauchers“, sagt daher Antje Gahl.